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mit Leimfarbe, sondern mit Oel- oder Wachs-Farbe angestrichen werden, wobei die durch
etwaiges Einregnen verursachten Wässer-Flecken keine sichtbaren Ränder zurücklassen.

Auch wurde von mir bei Kirchen-Decken schon einige Mal die bei Wohnhaus-Decken
gewöhnliche Auswickelung (Ausstackung mit Stroh-Lehm) gewählt; doch so, dass ich die
zwischen den Decken-Balken befindlichen Lehmfelder — um die Risse zu decken und glatte
Flächen zu erhalten — noch mit einem feineren Lehm-Ueberzug (in welchen allerlei Verzierungen
eingedrückt werden können) versehen, und den unteren vorstehenden Theil der Decken-Balken
glatt und kantig hobeln liess. Uebrigens möchten diejenigen Kirchen-Decken unstreitig die
schönsten seyn, wobei die Decken-Balken auf ihre ganze Dicke sichtbar bleiben, und wobei
die Bretter-Bedeckung (deren Fugen natürlich ebenfalls auf mannigfache Weise mit Leisten zu
versehen sind) oben aufgelegt wird. Nur müssen hierbei die Balken alle vollkantig seyn, und
ganz abgehobelt werden. Es ist deswegen solches Holz zu wählen, welches keine zu starken
Risse bekömmt, was übrigens mehr bei den stärkern Durchzügen (die darum meist zu ver-
kleiden seyn möchten) zu befürchten ist, als bei den eigentlichen Decken-Balken, weil die
letztern aus schwächerem Holz bestehen können, wenn nämlich anders eine zweckmäsige Dach-
Construction angewendet wird. Ich werde weiter unten Gelegenheit nehmen, eine sehr holz-
ersparende — namentlich für Kirchen vorteilhafte—Dach-Construction näher zu beschreiben.

IV. Die Fenster.
unserer Kirchen werden gewöhnlich viel zu gross angelegt. Eine Kirche verlangt allerdings
grössere Fenster als ein Wohnhaus, aber alles hat sein Mas und Ziel. Die, die ganze Höhe
des Gebäudes durchschneidenden, langen Treibhaus-Fenster sind eine um so umpassendere
Reminiscenz der — schon oben getadelten — gothischen Fenster, als bei unsern einfachen
Kirchen jene reich verzierten Fenster-Füllungen und gemalten Scheiben, welche die über-
mäsige Grösse dort einigermasen motiviren, gänzlich fehlen. Man glaube doch ja nicht einen
grossartigen Eindruck hervorzubringen, wenn man irgend ein Element eines Gebäudes — als
z. B. Fenster, Säuleu u. dergl. — bis zur Uebertreibung vergrössert. Der Beschauer wird
freilich durch ein sehr grosses Fenster, durch sehr grosse Säulen überrascht; aber der
ungebührlich grosse Theil erdrückt das Ganze: es entsteht eine Verletzung der organischen
Verhältnisse und somit eine — Caricatur. Der kluge Architect, welcher nicht sowohl über-
raschen , als auf die Länge fesseln will, wird eher den entgegengesetzten Weg einschlagen:
er wird, wenn die eigentümliche Bestimmung eines Gebäudes extreme Verhältnisse erheischt,
dies eher mildern, als grell hervorheben.

Man hat eine wahre Sucht bei Kirchen nicht allein zu grosse, sondern auch zu viele
Fenster anzulegen: so dass sowohl von aussen eine laternen-artige, dem kirchlichen Character
 
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