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Schliesslich wurde man der Schwierigkeiten Herr und genüg-
ten die Unterkunftsräume für den Winter.
Für das kommende Frühjahr plante man bereits umfangreiche
Neubauten; ging man doch in Deutschland mit dem Gedanken um,
eine ständige Besatzungstruppe von 1500 Mann nach Tsingtau zu
legen. So sehen wir Anfang März 1898 das neue Barackenlazarett
nahe dem Brückenlager entstehen; auch Neubauten für die Trup-
pen, die Iltiskasernen wurden bald in Angriff genommen.
Ebenso wurden ein den Verhältnissen entsprechendes Post-
wie Telegraphenbüro eingerichtet, aus dem später das „Marine-
Feldpost-Büro“, das erste dieser Art entstand.
Die meisten Schwierigkeiten machte bei Gestaltung der neuen
Verhältnisse die Durchführung der polizeilichen, zumal der sani-
tätspolizeilichen Bestimmungen, denn das sittliche Leben der
Bewohner stand auf niedriger Stufe. Die in Schmutz und Unrat
Aufgewachsenen zeigten für Reinlichkeit und deren Grundsätze
kein Verständnis.
Auch die Brunnenfrage war brennend, sie konnte für Gesund-
heit und Leben verhängnisvoll werden. Wasser in nicht abgekochtem
Zustand zu benutzen, war damals natürlich ein grober Leichtsinn,
waren doch die wenig tiefen chinesischen Brunnen infolge Durch-
sickern der Verwesungsstoffe verseucht.
So wurden die ersten abessinischen Brunnen, die die Artil-
lerie bereits mitbrachte, mit Freuden begrüsst.
Mochte auch die chinesische Bevölkerung über so manche
Einrichtungen und Anordnungen verständnislos den Kopf geschüt-
telt und unsere Matrosen bezw. Seesoldaten für ein närrisches
Völkchen gehalten haben, so befand sich trotzdem eben diese
Bevölkerung unter dem neuen deutschen Regime sehr wohl. Bald
hatte der schlaue Chinese heraus, dass ihm bei uns ein Verdienst
blühte, wie er es sich wohl in kühnsten Träumen nicht gedacht
hatte. Durch Handwerker- und Arbeiterzuzug stieg die Kopfzahl
dauernd und hatte sich nach den ersten 4 Monaten deutscher
Herrschaft verdreifacht. Lag schon in diesem Zuzug ein bedeu-
tendes Mass von Vertrauen, so trat letzteres noch deutlicher zu
Tage, durch die Ansinnen, die Chinesen fortwährend an das Gou-
vernement stellten, ihre Privatstreitigkeiten zu schlichten.
Soweit hatten die deutschen Streitkräfte um und in Tsingtau
selbst festen Fuss gefasst; auch geschah von Seiten andrer
europäischer Mächte, wie von China selber nichts, was uns den Be-
sitz hätte streitig machen können, so dass man daran gehen
 
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