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Zurücklassung von etwa 200 Toten fluchtartig nach Westen zu-
rück. Das Dorf wurde erstürmt, wobei viele Waffen, Munition,
30 Fahnen der Miliz und 2 Boxerfahnen erbeutet wurden; dann
trat das Detachement den Rückmarsch auf Kaumi an. Wir hatten
keine Verluste zu beklagen.
Wenige Tage darauf erhielt Hauptmann Conradi den tele-
graphischen Befehl mit dem ganzen Detachement auf die Dörfer
bei Nan-tschy vorzugehen. Es hatte nämlich die Reiterabteilung
unter Oberleutnant Hagemeister hier Feuer bekommen.
Gefecht bei S cha-w o. Etwa’/a. km westlich Nan-tschy
liegt das Dorf Schawo; es ist mit einem etwa 5 Meter hohen,
festen Erdwall umgeben, der mit zahlreichen Kanonen und Wall-
büchsen armiert war. Als günstigste Angriffsstelle war die Nord-
front erkundet worden. Die Batterie erhielt Befehl, gegen diese
in Stellung zu gehen und das Feuer zu eröffnen. Die Kom-
pagnie v. Kusserow besetzte den Südrand eines etwa 300 m
entfernt liegenden Gehöfts, während die Kompagnie Christiani zu-
nächst dahinter in Reserve blieb. Der Maschinengewehr-Zug wurde
auf dem linken Flügel zugleich als Deckung der Batterie aufge-
stellt. Unterdessen eröffneten die Chinesen ein lebhaftes Feuer aus
dem Dorfe gegen die Kompagnie Kusserow und die Batterie. Selbst
als die Batterie Granate auf Granate gegen die Umwallung sandte und
die Schützen den Feuerkampf aufnahmen, wurde das Feuer des Geg-
ners nicht schwächer. Hauptmann Conradi befahl nun der Kompag-
nie Christiani, die Kompagnie v. Kusserow zu verstärken. Inzwischen
war es der Batterie gelungen, eine Bresche in die Umwallung
zu schiessen; nun befahl Hauptmann Conradi den Sturm.
Die Chinesen, welche dieses bald bemerkten, verstärkten ihr
Feuer und versuchten auf jede Weise den Sturm abzuschlagen.
Die Kompagnien jedoch drangen mit Hurra gegen die Stellungen
vor, durchschritten den 2 m tiefen und 8 m breiten Graben und
erkletterten den Wall.
Hier kam es zu einem kurzen aber heftigen Handgemenge,
das von Haus zu Haus durch das ganze Dorf fortgesetzt wurde.
Es war ein regelrechtes Ortsgefecht; wer sich zur Wehr setzte,
oder mit den Waffen in der Hand angetroffen wurde, war dem
Tode verfallen. Die deutsche Minderzahl musste rücksichtslos
vorgehen, um dem gefährlichen Treiben der Boxer ein für allemal
ein Ende zn machen. Ein grosser Teil der Chinesen floh an der
Ostseite des Dorfes über den Wall und wurde hier durch den
Maschinengewehrzug mit grossem Erfolge beschossen.
 
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