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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 4.1916

DOI Heft:
IV.4
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Reik, Theodor: Die Pubertätsriten der Wilden, [2]: über einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker
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https://doi.org/10.11588/diglit.42097#0197
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IMAGO

ZEITSCHRIFT FÜR ANWENDUNG DER PSyCHO-
ANALySE AUF DIE GEISTESWISSENSCHAFTEN
HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. SIGM. FREUD
SCHRIFTLEITUNG:
IV. 4. DR. OTTO RANK / DR. HANNS SACHS 1916

Die Pubertätsriten der Wilden.
Über einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden
und der Neurotiker,
Von Dr. THEODOR REIK.
Fortsetzung).
Bis hieher haben sich die Pubertätsriten relativ leicht unserem
Verständnisse erschlossen: viel erheblicheren Schwierigkeiten
begegnen wir, wenn wir uns dem zweiten Akt des großen
Dramas, das die Einweihungszeremonien darstellen, zuwenden. Wenn
wir verfahren wie die der Psychoanalyse fernestehenden Völker*
Psychologen und den Auferstehungsritus als eine direkte Fortsetzung
des Todesdramas ansehen, entgleitet der ganze Ritus unserem
Verständnis.
Wir entschließen uns dazu, diesem so komplizierten Produkt
des primitiven Seelenlebens gegenüber dieselbe heuristische Technik
zu verfolgen, die uns in der Analyse anscheinend läppischer und
sinnloser Handlungen der Neurotiker tiefreichende Aufschlüsse gab.
Die angebliche Tötung der Jungen hat sich uns als Bestrafung
ihrer unbewußten Mordgelüste dargestellt. Diese Bestrafung ging
von der Vätergeneration aus und /ar der Ausdruck der den Jünglingen
zugewendeten, feindseligen und rachsüchtigen Wünsche dieser Männer.
Gewiß besteht eine gewisse Verbindung zwischen den Todes- und
Auferstehungsriten, doch können wir in den letzteren unmöglich die
Wirksamkeit derselben Gefühlszüge annehmen, die jene grausamen
Zeremonien zustande brachten. Wir werden vielmehr in den Auf*
erstehungsriten den Ausdruck gegensätzlicher, also zärtlicher und
feindlicher Tendenzen erblicken. Wir wissen, daß dergleichen schein*
bar unvereinbare Gefühlsgegensätze sehr wohl sich in einer Seele
finden. Doch was soll es nun bedeuten, daß die primitiven Väter
 
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