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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Die Tapete auf der Welt-Ausstellung in Paris
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Januar-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite n.

Albert Männchen, Berlin. Entwurf für die Wand-Malerei im Wein-Restaurant, Paris, rue Victor Masse'e.

gemacht wird, empfohlen. Die waschbaren Gesundheits-
Tapeten aus Stoff, in Cretonne-Genre gehalten, für Schlaf-
Zimmer sind in sanitärer Beziehung und für Tropenländer zu
empfehlen. Echtes Leder, echte bedruckte Seiden, bedruckte
Stoffe, bedrucktes Holz, Leder-Imitation, Velours, gepresste
Sockel- u. Fond-Tapeten im rühmlichst bekannten Schütz'schen
Genre sehen wir vertreten. Es würde zu weit führen, wenn
wir die einzelnen Sachen hier einer eingehenden Besprechung
unterziehen würden. Mittlerweile hat das deutsche Publikum
die Schütz'sche Muster-Karte ja auch in Augenschein genommen
und sich selbst ein Urtheil gebildet, wie grosse Anstrengungen
das Haus Schütz in diesem Jahre gemacht hat, um auf der
Ausstellung würdig vertreten zu sein. Streng modern in der
Musterwirkung, satt in der Farbe sind die Tapeten, die in
Augenschein zu nehmen wirklich eine Freude ist. Im All-
gemeinen können wir nicht verhehlen, dass die Anwendung
der sogenannten schönen Linie zu manchen Auswüchsen
geführt hat. Der Figur einer zartgegliederten Engländerin
mag sich z. B. ein Möbel der modernen Linie ganz gut
anpassen, für einen ruhigen Wandschmuck als vornehmen
Hintergrund, welchen Hauptzweck die Tapete zu erfüllen hat,
sind Linien, die sich in allen möglichen Windungen auf der
Wandfläche hinschlängeln und schon das Wort »Regenwurm-
Stil« gezeitigt haben, einfach überflüssig. Wenn man z. B. die
diversen Karten der letzten Saison gesehen hat, so können wir
uns nicht verhehlen, dass diese Abart der schönen Linie etwas
zu sehr herrscht und wäre eine mehr decentere Verwendung
der modernen Linie dem ganzen Kunstgewerbe zu empfehlen.

Das Haus Schütz hat sich glücklicherweise dieser extremen
Anwendung ziemlich verschlossen und es soll an dieser Stelle
auch nicht verschwiegen werden, welche Künstler dem
Hause Schütz zur Seite stehen. Namen von Klang und An-
sehen in der Kunst sind es, welche wir nennen können:
M. v. Brauchiisch, Beruh. Pankok, Georg Bötticher, Ludwig
Pronberger, A. Dunsky, Anton Rieger, Professor Läuger,
Alfred Kamprad, Schmuz-Baudiss, Max Kuschet.

Professor Eckmann's Erzeugnisse findet man vertreten
in Teppichen der Scherrebeker Kunstgewerbeschule und
Teppichen der Vereinigten Smyrna- Teppichfabriken. Speziell

die Scherrebeker Teppiche fallen sehr vortheilhaft auf durch
ihre sattgehaltenen schönen Farbentöne.

Der offizielle deutsche Ausstellungs-Katalog nennt in
Klasse 68 als Aussteller für Tapeten die Anhalter Tapeten-
fabrik; die Firma Flinsch, die in der Maschinenhalle des
Marsfeldes Druckmaschinen ausgestellt hat. Weiter kleben
im Deutschen Hause einige Tapeten von Frz. Lieck & Heider
und C. Rommel & Nölting, Berlin.

Wir kommen nun zu dem gastfreundschaftlichen Lande,
das die Welt zu dem friedlichen Wettbewerb eingeladen hat
und können des Lobes voll sein ob der Sorgfalt, welche die
Franzosen auf das ganze Arrangement der Tapeten-Ausstel-
lung verwendet haben. An schönen hellen Räumen fehlt es
freilich auch nicht. Dass die Tapetenbranche eine Geschichte
besitzt, dürfte wohl allgemein bekannt sein, dass diese Ge-
schichte aber bis zum Jahre 1610 reicht und dass die Geschichte
von diesem Zeitpunkt ab und in so anschaulicher Weise an
Hand von alten Mustern etc. vor Augen geführt wird, dafür
müssen wir den Veranstaltern der Tapeten-Ausstellung dankbar
sein. Das Haus F. Follot dürfte wohl an erster Stelle als
dasjenige genannt sein, das seine alten Musterbücher und
Muster zur Verfügung gestellt hat. Eine Tafel mit der Ueber-
schrift »Geschichte der Tapeten-Industrie« zeigt uns zuerst
ein blaues Wappenschild der alten Pariser Tapetendrucker-
zunft, dann lesen wir weiter die Tapeten-Industrie in Frank-
reich datirt von Anfang des 17. Jahrhunderts. Im Jahre 1610,
Le Francois, ein Bilderbogenhändler, ein Färber in Rouen
fabrizirte Velours. 1688 erfand der Graveur Jean Papillon
die Kunst des Handdrucks. Von Le Francois angefangen,
sehen wir hier Namen genannt, die in der Geschichte der
Branche eine grosse Rolle gespielt haben: Aubert im Jahre
1750, die Manufacture Royale de papiers peints Reveillon
1770, R. Jacquemart 1791, Jean Zuber, Rixheim 1800, der
für uns Deutsche ja auch kein Fremder ist, Joseph Dufour
1810, A. le Roy 1820, Maderepere 1825, Dauptainfils 1830,
Dclicourt 1845, J. Desjossc 1855, P. Gillou 1860, Ls. Leroy
1867, H. Grantil, Chalons sur marne 1872, P. Baiin 1875.
Von ausserordentlichem Interesse ist es, die alten Sachen in
Augenschein zu nehmen und zu betrachten, was unsere Vorahnen
 
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