Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

DOI Artikel:
Fred, W.: Die Winter-Ausstellung im Österreichischen Museum W. Fred
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0057

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite 44.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Februar-Heft.

Zeiten von einer Renaissance auszuschliessen. Als muster-
gültige Arbeiten in dieser Hinsicht sind die Leistungen zu
nennen, die Fr. O. Schmidt im Vereine mit 34 wiener Kunst-
gewerbetreibenden ausgeführt hat. Ein Raum im Louis XVI.-
Stil, ein zweiter im Sheraton-Stil dem englischen Lehrmeister
eines guten Theils der Wiener modernen Möbelkunst, sowie
ein Herren - Zimmer in englischer Art (siehe Beilage II)
sind vortreffliche Leistungen. Die Kamin-Ecke, die wir
reproduziren, ist ungemein wohnlich; mit den ungeschickten
und überflüssigen Stuck-Ornamenten in den Nischen bin ich
weit weniger einverstanden. Da ist eben die Grenze zwischen
dem Entwürfe des Künstlers und dem des Dekorateurs. Die
Gefahr des Tapezierer-Stils schwebt noch immer drohend über
uns. Das Geschmacks-Niveau ist allerdings viel höher als je
zuvor. Ein Schreib-Zimmer von Portois & Fix, in amerika-
nischem Nuss-Satin-Holz ausgeführt — diesmal der Liebling
des Publikums — enthielt auch nicht ein Stück, das anfechtbar
gewesen wäre. Alles war graziös, originell in den Linien
und komfortabel. (Dabei sei der Kuriosität wegen erwähnt,
dass es gelegentlich der letzten Wiener kunstgewerblichen
Ausstellungen einen Kritiker gab — in der »Wiener Rund-
schau« —, der als besonderen Vortheil gewisser Kunst-Möbel
angab, dass sie nicht komfortabel seien und es deshalb sogar
für den heiligen Franziscus von Assisi nicht entwürdigend
gewesen wäre, auf ihnen zu sitzen.) Ausser dem Portois &
Fix'schen Räume ist ein etwas überladenes Speise-Zimmer
von S. Jaray zu nennen, dessen eine Ecke gut gelungen ist.
Von Entwürfen künstlerischer Natur wird vor allem ein Ver-
such in modernem Empire zu nennen sein, der von den
beiden jungen Architekten Puchinger und Prutscher stammt.
Der Raum hat alle Fehler einer Erstlings-Arbeit, erweckt
aber auch alle Hoffnungen, die Versuche talentirter Künstler
hervorzurufen im Stande sind. Mir persönlich scheint das
Modernisiren alter Stile überhaupt nicht fruchtbar, beim
Empire ebensowenig wie bei allen anderen Stilen, die den
Zusammenhang mit den Formen unseres Lebens, bereits längst
verloren haben. Die beiden Künstler sollen doch Eigenes

versuchen, ohne Anlehnungen, dann wird es wohl besser
gelingen. Dafür sind einzelne kleine Gegenstände von Prutscher
und das famose farbige Glasfenster von Puchinger ein voller
Beweis. Auch das früher genannte Schlaf-Zimmer von Tropsch
ist eine starke Talentprobe. Der Raum selbst ist allerdings
unruhig, gewollt originell, unwohnlich. Die Farben- und
Stoffwahl — weiss, grün und roth — war denkbar ungeschickt.
Dabei kommen einzelne Verstösse vor, die überhaupt dem
modernen Kunstgewerbl er nicht verziehen werden: falsche
Schlüssel - Löcher und Aehnliches. — Weniger versprechend
sind die Möbel nach Entwürfen des Architekten Hammel. Wir
bilden ein Büffet mit Kamin kombinirt ab. Mustergültig ist
weder die Idee dieser Zusammenstellung — ich möchte Nie-
mandem rathen ordentlich einzuheizen! — noch die Detail-
Ausführung. Die Ideen fliessen nicht reich; es ist alles
erklügelt, und dann — diese Möbel sind in der That die
einzigen unkomfortabeln in der Ausstellung. — Als talentirt
ist noch ein junger Architekt, Herr Frömel, zu nennen.
Zu den wohnlichsten Interieurs gehörte ein warmer, grün
gehaltener Raum von Pospischil (mit Schnitz - Arbeit von
Zelesny), eine Verbindung von Wohn- und Speise - Zimmer
für ein Landhaus. An diesem Interieur waren am klarsten
die englischen Einflüsse zu erkennen, und Jeder wird nun
wohl zugeben müssen, dass diese Einflüsse der überlegenen
englischen Kultur des Wohnens nur wohlthuend waren.

Von einzelnen Objekten der Ausstellung wird man die
Krüge (mit Ueberlauf modernster Art) von Riesner & Stell-
macher, die Fayencen und Steingut-Töpfe der Teplitzer Fach-
schulen, die Webereien der Laibacher Schulen (nach Scherre-
beker Manier) und einzelne sehr gelungene Schmuck-Stücke
von Rozet & Fischmeister in Wien zu nennen haben. Dass
auch sonst an interessanten kleinen Objekten (Bronzen von
Rubinstein, Stickereien der Ischler Frauenschulen etc.) kein
Mangel war, ist selbstverständlich. Im allgemeinen war das
Niveau also gut; es gab wenig sehr Originelles, aber auch
nur vereinzelte schlechte Objekte. Wir wollen nun mit Zu-
versicht auf das nächste Jahr warten. w. Fred, Wien.

Prof. Kolo Moser. Paravent. Ausgeführt von E. Bakalowitz Söhne, Wien.
 
Annotationen