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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Commichau, Felix: Plumet's Pariser Neubau auf der Avenue Malakoff
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0065

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Architekt Fritz Drechsler, Leipzig.

Fest

Saal aus dem Leipziger Künstler-Hause; Fenster-Partie.

Plumet versucht sich nicht an diesem so banal gewor-
denen Motiv. Er erreicht die notwendige Betonung der
Ecke dadurch, dass er die letzte Axe der Front zur Avenue
Malakoff gewissermassen mit einem Ruck in einen steilen
Giebel hinaufzieht und diesem zu noch stärkerer Wirkung
einen flach hervortretenden, offenen Erker gibt.

Weniger glücklich ist er mit dem Abschluss der anderen,
an der Avenue du Bois de Bologne gelegenen Front. Hier
bildet er die Lukarnen in einer Form aus, die an die des
erwähnten Giebels anklingt, und dessen Grösse fast erreicht.
Die Lukarnenreihe erscheint dadurch gewissermassen als
übermässig emporgezogenes Stück der Frontmauer, das hohe
Dach, das gerade durch seine Masse wohlthätig hätte wirken
sollen, wird stark in den Hintergrund gedrängt und der durch
die parallelen, schlanken Formen ausgesprochene Drang
nach oben erscheint für die schmale Seite zu gewaltig.
Dies hat Plumet wohl gefühlt, und die zwischen den Lukarnen
angeordnete Bogenreihe hat wohl den Zweck, durch ihre
Horizontalität die allzu vertikale Wirkung zu mindern. Dem
gleichen Bestreben ist wohl auch die Anlage der offenen
Galerie, welche um den zweiten Stock der Seite zur Avenue
du Bois de Bologne und zum Teil auf der nach der anderen
Strasse gelegenen Ansicht sich hinzieht, entsprungen, eine
Anlage, die sich als ein höchst glückliches Motiv erweist.
Neben dieser ästhetischen Wirkung an und für sich, neben
der, die sie auf das ganze Relief des Gebäudes ausübt, hat diese
Galerie das grosse Verdienst, das schlanke, zu sehr empor-
strebende Gebäude am wirksamsten am Boden festzuhalten.

Das Haupt-Gebäude ist aus hellem Sandstein, dessen
einzelne Stücke wohlthuende, grosse Abmessungen zeigen,

und unter spärlicher Flächenverblendung in glasiertem Back-
stein erbaut. Die Profilierung ist einfach und mässig verwandt.
Neben anderem Detail ist die Arkaden-Galerie dadurch in-
teressant, dass das Kapital der schlanken Säulen sich nicht
unter die Kämpfer der Bogen, sondern erst über diese, direkt
unter die Fuss-Platten des Balkon-Ganges aufsetzt, und dass
ferner der Künstler in der Wahl zwischen Maasswerken und
Balustern für die durchbrochenen Brüstungen, letzteren mit
Erfolg den Vorzug und zugleich ein neues glückliches Detail
gegeben hat. — Plastischem Schmucke begegnen wir nur
an den häufigen Konsolen und Kragsteinen, an den Axen-
Pfeilern der Galerie - Brüstungen, sowie an den erwähnten
Lukarnen, und zwar ist überall nur ein Motiv, und zwar die
»Sonnenblume« in Relief verwandt worden.

Die Hofseite des Haupt-Gebäudes in seiner reizvollen
Gliederung ist mit die edelste Partie des ganzen Werkes.
Die Segmentbögen der Fenster sind mit ihren Haustein-
Kämpfern und den leicht gemusterten Backsteinen dazwischen
ausserordentlich originell. Das Portal in seinem »einfachen
Reichtum« ist köstlich.

An das eigentliche Vorderhaus schliesst sich nun, eben-
falls an der Avenue Malakoff gelegen, das zweistöckige Neben-
Gebäude an, welches die Wirtschaftsräume umfasst und
durch überdeckte Gallerien in Eisenfachwerk und einem ganz
in Eisen und Glas gehaltenen Wintergarten mit dem Hauptbau
verbunden ist. Die äussere Wirkung dieser leichten Zwischen-
bauten ist recht wohlthuend. Ueberall tritt das Eisen frei
zu Tage, ohne Verhüllung und Behängung mit anderen Stoffen;
wie gut, friesartig wirkt z. B. der untere Gitter-Träger. —
Endlich einmal eine wirkliche, ansprechende Eisen-Architektur !
 
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