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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Der Ausstellungs-Palast der Pariser
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0067

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März-Heft.

III

üStr. kunstgewerbl^eitsc

hrift für inne^Dekoratio^-

Seite 53

Arbeiten beschränken müssen
und hat sich dabei selbstver-
ständlich diejenigen Künstler
als Sündenböcke genommen,
die sich nicht wehren können:
die Ausländer. In der älteren
Gesellschaft darf der Ausländer
nur je ein Werk ausstellen
gegen je zwei des Franzosen,
und in der jüngeren, deren
Ausstellungen gerade den
trefflich vertretenen Auslän-
dern ein Haupt-Interesse ver-
dankten, dürfen die Ausländer
nicht mehr der Aufnahme-Jury
angehören. Dadurch wird frei-
lich etwas Raum gewonnen,
aber die Künstler sind deshalb
doch nicht zufrieden. Das, Licht
ist in einem Ausstellungs-
Palaste nicht minder wichtig
als der Raum, und mit dem
einen hapert es in dem neuen
Kunst-Palast ebenso sehr wie
mit dem andern, es genügt
nicht, zugelassen zu sein, der
Maler oder Bildhauer möchte
seine Arbeit so untergebracht
haben, dass man sie auch sieht,
denn dafür stellt er sie ja aus.
In dem neuen Kunst-Palast
aber gibt es Räume, die gleich
dem Gefängnisse Malvolios
Lucken haben so durchsichtig
wie Fensterladen und die
als Kohlenkeller vorzügliche
Dienste leisten könnten. Das
gefällt den Künstlern nicht, und
wenn sie nur ein passendes
Lokal hätten, würden sie sofort
auf den neuenPalast verzichten.

Im gegenwärtigen Jahre
wird nun zwar die Ausstellung

Charles Plumet, Paris.

beider Gesellschaften in dem neuen Palast stattfinden, aber
vielleicht gelingt es den Künstlern, schon für das nächste
Jahr ein anderes Lokal zu beschaffen. Man hatte gehofft, die
Ueberweisung des Palastes an beide Gesellschaften werde
eine Aussöhnung der feindlichen Brüder herbeiführen, aber
damit ist es vorläufig noch nichts. Obgleich unter einem
Dache vereinigt, sind beide Ausstellungen doch ganz getrennt,
mehr noch, als dies in den beiden Jahren vor der Welt-Aus-
stellung der Fall war. Damals waren die beiden Salons in
der grossen Maschinen-Halle am Marsfelde zwar durch eine
imaginäre Linie getrennt, und die Werke der zu den ver-
schiedenen Gesellschaften gehörigen Künstler waren nicht in
den nämlichen Räumen untergebracht, aber man ging doch
ungehindert vom Gebiete des einen zu dem des anderen
Salons, und mit dem einmal gezahlten Eintrittsgeld besuchte
man die beiden Ausstellungen. In diesem Jahre wird ein
jeder Salon seinen eigenen Eingang haben, die Societe nationale
an der Avenue d'Antin, wo die »Centenale« eingerichtet war,
die Artistes Francais an der Avenue Nicolas, und die wäh-
rend der Welt-Ausstellung geöffnete Verbindung der beiden
Palast-Flügel wird bei dieser Gelegenheit gesperrt bleiben.
In Künstlerkreisen spricht man augenblicklich von ver-

Moäernes Onnaus an äer Avenue Malokoff. (Text siehe S. 50.)

schiedenen Plänen, der Pariser Künstlerschaft ein geeignetes
Ausstellungs-Lokal zu geben, nachdem die Unbrauchbarkeit
des Palastes an den Elysäischen Feldern sich herausgestellt.
Einer dieser Pläne, zu dessen Urhebern Leute aus beiden
Lagern gehören, geht dahin, den etwa zwischen dem Palaste
des Präsidenten der Republik und den neuen Ausstellungs-
Palästen gelegenen ehemaligen Cirque d'ete, der schon vor
längerer Zeit eingegangen ist, entsprechend umzubauen und
zu Kunst-Ausstellungen zu benutzen. Die Freunde dieses
Planes beabsichtigen damit die Gründung eines dritten unab-
hängigen Salons, also gerade das Gegenteil von dem, was in
den offiziellen Kreisen angestrebt wird.

Eine andere, von einem hervorragenden Mitgliede der
älteren Gesellschaft befürwortete Idee zielt auf die Vereinigung
der beiden Salons ab und ist besonders deshalb bemerkens-
wert, weil ihr Vertreter in allen Prinzipienfragen, welche die
junge von der alten Gesellschaft trennen, sich auf die Seite
der jungen stellt. Er schlägt vor, am linken Seine-Ufer, wo
sich jetzt noch zum Teil die unversehrten, zum Teil von den
Abreissern angegriffenen Gebäude der Rue des nations er-
heben, einen grossen, gemeinschaftlichen Ausstellungs-Palast
zu bauen. Um eine Einigung der Künstlerschaft zu erleich-
 
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