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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Höpfner, Hugo: Etwas über die Wohnlichkeit, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0069

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Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 55.

lenen Oeldruck-Bilder aus Deutschlands grossen Tagen
in breiten Goldrahmen, die bronzierten Gips-Figuren, gestickte,
gehäkelte und applizierte Geburtstags - Geschenke mehrerer
Menschenalter nicht allzu sehr in die Augen fielen. Die
andere Tapete, hell, leicht in Ton, elegant in der Zeichnung,
iobte ich als an und für sich vielleicht besser und moderner,
warnte aber davor, sie zu nehmen. Ohne Erfolg. »Modern
also ist sie, meine Frau hat gesagt, modern soll sie sein, wenn
sie also hübsch ist. nehme ich sie«, und er nahm sie.

Natürlich wurde das Zimmer scheusslich ungemütlich,
die dunklen Möbel auf der hellen Wand standen da wie im
Freien, als hätten sie keinen Hintergrund, dazu die schokoladen-
braunen Thüren, der viele altväterliche Kram, der an Wänden
herumstand und hing, die Plafondfarbe passte nicht, die dunkel
graublaue Hohlkehle hing zwischen der hellen Wand und
Decke wie in der Luft, kurz: »schön ist anders«.

Ein hell gehaltenes, harmonisch gestimmtes Zimmer wird
nicht überall und immer gefallen, wenn es noch so sehr Mode
wird, und das ist auch sehr gut, denn sonst hätte Jeder die
hellen Zimmer bald satt.

Wenn Jemand im Sommer von der blendenden Strasse
mit schmerzenden Augen nach Hause kommt und findet dort
nur helle Zimmer mit » Sonnenluft« — die ja die Bakterien
töten soll — mit hellen Tapeten, weissen Vorhängen, recht
vielen Fenstern, an denen die Fliegen in der Sonne spielen,
so dass er sich vorkommt, als liefe er noch immer in der
Backofen-Luft der Strasse, wird es ihm wahrhaftig nicht ein-
fallen, zu sagen: »Donnerwetter, ist es hier gemütlich«.

Betritt er jedoch sein Zimmer und findet das Licht durch
aufgestellte Jalousien und dunkle Vorhänge gedämpft, die

Luft kühl, so wird er, wenn er über den weichen Teppich
schreitet, um sich auf dem Kameeltaschen - Sofa niederzu-
lassen, denken: »Ist das mollig hier, riesig gemütlich«.

Von einem guten Keller erzählt Jeder mit Stolz, dass
er im Winter warm, im Sommer kühl ist. Warum sollen
wir die Wohlthat, die wir den Kartoffeln zu teil werden
lassen, nicht für uns selbst anwenden, selbst wenn es dem
modernen Geschmack widerspräche?

Die Vorhänge und Portieren, die im Sommer das grelle
Licht dämpfen und die Hitze abhalten, halten im Winter die
Wärme zusammen. Natürlich dem Gewurschtel, was sich
unter dem schönen Namen Draperie an Fenstern und Portieren
herumtreibt, von talentvollen Tapezierern oder blumenmalenden
Freundinnen geschaffen, will ich kein Wort reden, davor
bewahre mich der Himmel. Ein geschmackvoller Stoff hat
es nicht nötig, sich durch alle möglichen Chikanen verdrehen
zu lassen, so dass man vor lauter Falten, Puffen und Rosetten
nichts mehr von dem Muster sieht. Einfach mit Holz- oder
Metallringen an massiver Stange aufgehängt, von der eigenen
Schwere in Falten gehalten, ist immer schön, praktisch und
lässt sich leicht reinigen.

Es ist zu bedauern, dass bei billigeren Teppichen so
schwer geschmackvolle Muster zu finden sind. Von den
schrecklichen grellfarbigen Blumenmustern oder solchen mit
Tierbildern, die als Bettvorlagen sehr beliebt waren, scheint
man endlich abzukommen, aber warum die Fabrikanten nicht
gute orientalische Muster kopieren lassen, ist schwer zu
begreifen, denn dass das Publikum das geschmacklose Zeug
kauft, ist doch kein Beweis dafür, dass es gute Muster nicht
kaufen würde, wenn sie zu demselben Preise zu haben wären.

Charles Plumet, Paris.

Modernes Wohnhaus an der Avenue Malatoff; Hof-Thor, Gallerten und Winter-Garten.
 
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