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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Schmidkunz, Hans: Zur Aesthetik der Wohnung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0113

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Seite 94.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Juni-Heft.

H. E. Beki.kpsch-valendas —München.

Speise-Zimmer, Wand mit Schränken.

Aus der Einrichtung der Villa Tobler in Zürich.

sozialen Verhältnisse« sind eben noch mächtiger als jene
ästhetischen Flüge. Indessen stehen wir ja gerade dabei, das
Aesthetische dem Sozialen anzupassen. Allein wie es auch
immer mit den Schwierigkeiten dieser Anpassung ergehen
mag: Eine Macht bleibt doch noch übrig, die trotz vielfacher
Abhängigkeit sowohl vom Sozialen, wie auch vom Aesthe-
tischen hinwieder über beide einen noch lang nicht genug
ausgenützten Einfluss ausüben kann: die Erziehung, hier also
die Erziehung zur Kunst. Die Entwickelungen, an die wir
im Vorigen appellierten, sind eine Sache der Ueberlieferung
von Mensch zu Mensch, zumeist vom älteren zum jüngeren
Menschen. Diese Ueberlieferung hat sich seit jeher »von
selber gemacht«. Doch auch sie kann, wie alles im Menschen-
leben, aus einem unbewussten, an Umwegen und Kraftver-
schwendungen reichen Geschehen zu einem bewussten, direkt
vorgehenden und kraftsparenden Handeln erhoben werden,
zur Technik des künstlerischen Erziehens. Mag nun dieses
das Heranbilden von eigentlichen Künstlern durch die Unter-
weisung von Meistern, mag es das Ausrüsten von Kunst-
liebhabern , mag es endlich das Erwecken künstlerischen
Verständnisses und Gefühles als eines Bestandteiles der all-
gemeinen Volksbildung in Schule und in gelegentlicher Beleh-
rung sein: jedenfalls ist es eine Sache, die lange genug
unverhältnismässig gering beachtet wurde. Heute regt es
sich bereits an vielen Punkten zu einem Aufschwung der
Kunst-Pädagogik als eines Faktors, auf den um so festere
Hoffnungen gesetzt werden, als auch er bereits eine Ent-
wickelung hinter sich hat, die nicht nur seinen historischen
Erforschern, sondern auch seinen praktischen Fortsetzern so
viel zu thun geben wird, dass der Segen von seinen Früchten
auch bis in das Innere unserer Wohnungen dringen muss. —

NACHWORT DER SCHRIFTLEITUNG. Auf die von
unserem geschätzten Mitarbeiter am Schlüsse des vor-
stehenden Aufsatzes berührte Frage der Kunst-Erziehung hat
in ihrem Mai-Hefte auch die gleichfalls in unserem Verlage
erscheinende »Detitsche Kunst und Dekoration« in einem
Vorworte unter dem Titel »Höhere Schulen tmd die Kunst«
nachdrücklich hingewiesen. Bei der Wichtigkeit, welche diesem
Gegenstande beigelegt werden muss, seien hier die wesent-
lichen Sätze aus den Ausführungen des erwähnten Vorwortes
der »Deutschen Kunst und Dekoration« wiedergegeben:

»Täuschen können wir uns nun nicht mehr darüber, dass
die Kunst, verstanden als die formende Bemeisterung aller
Lebens-Erscheinungen und Bedürfnisse, wieder in ihre Rechte
eingesetzt ist. Dies bedeutet einen tiefgreifenden Umschwung
in der Bildungs-Tendenz des Volkes, eine Richtungs-Aende-
rung, der auch die Schulen unbedingt folgen müssen, wenn
sie ihrer Aufgabe gerecht werden wollen. Wir müssen und
können von ihr verlangen, dass sie endlich mit dem unter
den gegenwärtigen Verhältnissen geradezu ungeheuerlichen
Grundsatze bricht, wonach nur die alte Kunst und vergangene
Stil-Perioden im Unterrichte Berücksichtigung finden dürfen
und dass unter allen Umständen der heranwachsenden Jugend
so viel Verständnis und Empfindung für das gewaltige Kunst-
schaffen der Gegenwart mit auf den Weg gegeben wird,
dass sie sich selbständig darin zurechtzufinden vermag. Die
Gleichgiltigkeit der höheren Lehr-Anstalten demgegenüber ist
schon höchst bedauernswert. Hemmen können sie die gewaltige
Vorwärts-Entwickelung nicht; diesem Irrtum brauchen weder
wir uns, noch jene sich hinzugeben. Dazu sind sie zu schwach.
Erschweren können sie jedoch manchem jungen Geiste den
Weg in die Zukunft. Ferner muss uns jeder Künstler, jeder
 
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