Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

DOI article:
Zu unseren Illustrationen
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0123

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Juni-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 103.

Rückwand-Füllungen von Büffet und Kredenzschrank bestehen
aus facettiertem messinggefasstem Spiegelglas.

Als ausgezeichnete Wand - Bespannung erwies sich die
sog. Sela picta, ein handbemalter Wandbekleidungs-Stoff, der i
in seinem eleganten Schimmer den Eindruck feinsten Seiden-
stoffes hervorruft. Zwischen dem dunklen Rot der Holz-
Möbel und dem Licht- und Dunkelgrün der Wand-Bespannung
besteht eine reizvolle Harmonie. Als dritte Hauptfarbe,
gleichsam vermittelnd zwischen Wandstoff und Mahagoni sind
die ebenfalls aus den Ateliers der Firma hervorgegangenen
licht - kupferrot und grün gehaltenen Fenster-Dekorationen
— in Falten glatt herabhängende Shawls, oben mit Quetsch-
falten - Abschluss auf Messingstangen — in die Farbenskala
des Zimmers eingefügt. Eine angenehme Unterbrechung der
Mahagoni-Grundfarbe bilden die Messing-Beschläge an den
Möbeln. Aus dem Wand-Paneel springt an der einen Schmal-
seite des Zimmers der von der Kölner Firma Fritz Dietz & Co.
in Pavonazzo-Marmor mit handgetriebener Messing-Umrah-
mung ausgeführte Kamin hervor. Die Thür - Verkleidungen
setzen sich nach oben fort und bilden einen Rahmen für die
auf Seide gemalten Supraporten. Einige alte Oelbilder, mit
vielem Geschmack und Verständnis von Herrn Senator Behn,
dem Hausherrn, gesammelt, sowie die mit diskreter Massigkeit

J. & J. kohn, Wien. Schlaf - Zimmer.

auf den Gesims - Brettern verteilten alten Bronze - Gefässe
vollenden den Eindruck der Wohnlichkeit, den jedermann
empfindet, sobald er diesen Raum betritt.

Die verschiedenen Zeichnungen der Möbel der Firma
Jacob & Josef Kohn veranschaulichen die glückliche Anwen-
dung des gebogenen Holzes für den modernen Stil und geben
gleichzeitig ein erfreuliches Bild von dem Aufschwung, welche
diese Industrie durch die Pflege der neuen Geschmacksrich-
tung nimmt. Durch die Biege-Technik lassen sich bekanntlich
alle Arten von Kurven, welche sonst aus verleimten Teilen
zusammengefügt werden, in durchaus solider, fast unverwüst-
licher Weise herstellen, wobei noch eine viel weichere Linien-
führung ermöglicht, und eckige Starrheit vermieden wird.
Eine Eigentümlichkeit dieser Möbel besteht weiter darin,
dass sämtliche Flächen aus gekreuzt gebundenen Fournieren
bestehen. Die Bindung derselben erfolgt unter hohem Druck
von ungefähr 350 Atm. mittelst hydraulischer Pressen. Das
Bindemittel ist nicht Leim, sondern Case'in. Ueberdies werden
die Aussenflächen durch ein entsprechendes Verfahren wasser-

C. Schadler, Leipzig. Entwurf eines Wohn-Zimmers.

unempfindlich gemacht. Der grosse Vorteil dieser Behandlung
besteht in dem ungewöhnlich geringen Gewichte und in der
vollständigen Widerstandsfähigkeit gegen alle Einwirkungen
des Tropen-Klimas. Die Möbel sind vollständig zerlegbar.

Die hier abgebildeten Möbelstücke zeigen, wie die Biege-
holztechnik zum Ausgangspunkte für einen neuen, von den
Auswüchsen regelloser Zierkunst befreiten Stil werden kann,
und wie sich mit dieser neuen Richtung für diese Industrie
neue, weite Horizonte eröffnen. Hier in diesen gewisser-
maassen als »Koffer-Möbel« zu denkenden Einrichtungen
zeigt sich der sonst leider schon stark »abgeflaute« Wiener
Sezessions - Stil von einer besseren Seite.

Die Zeichnung von C. Schadler, welche wir auf dieser Seite
vorführen , ist eine Ideen - Skizze zum Herren - Zimmer einer
Sommer-Wohnung, welches an eine Loggia anschliesst. Die
Ausführung ist in Tannenholz mit flacher, ornamentaler
Behandlung, zweifarbig gebeizt, gedacht.

Zu dem Herren - Arbeits - Zimmer der Firma Oskar
Norroschewitz ist zu bemerken, dass dasselbe genau nach den
Wünschen und bezüglich der Raumverteilung der Möbel nach
den Angaben des Eigentümers, eines namhaften Kunst-
Gelehrten, entworfen worden ist. Der Divan, bequem zum
Sitzen und Liegen, enthält in seiner Rückwand Rahmen zum
Oeffnen, die zur wechselnden Aufnahme von Stichen usw.
verwendet werden und einen baldachinartigen oberen Ab-
schluss, der bordbrettartig zum Aufstellen von Kunst-Gegen-
ständen benutzt wird. Die oberen Teile der Schränke sind
teils mit Schiebkästen für Akten, teils mit verstellbaren Böden
für Bücher und die unteren, tieferen Teile mit Thüren zum
Aufklappen und -schieben versehen, um grössere Mappen und
Kunstblätter teils liegend, teils stehend darin aufbewahren
und leicht besichtigen zu können. Der grosse Bücher-Schrank
ist, da die Wohnung eine Miet-Wohnung ist, so eingerichtet,
dass er auseinandergenommen und dann — bei mangelndem
Platz in anderer Wohnung — jeder Teil für sich als Schrank
aufgestellt werden kann. Wände, Decke und Thüren sind,
da an deren Ausbildung im Miet-Hause nichts zu ändern war,
durch geeignete Tönungen mit dem Ganzen zu einer ruhig-
ernsten Gesamtwirkung zusammengebracht. Die Zeichnung
ist von O. Schick, einem Zeichner der Firma Norroschewitz aus-
geführt. Das verwendete Holz ist Eiche in einem graugrünen
Tone gebeizt. Die Beschläge sind von getriebenem Messing.
 
Annotationen