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Jähns, Max; Jähns, Max [Hrsg.]
Geschichte der Kriegswissenschaften vornehmlich in Deutschland (Band 1): Altertum, Mittelalter, XV. und XVI. Jahrhundert — München, Leipzig, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.26141#0368
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Z16 Das XV. Jahrhundert. I. Allgemeine kriegswissenschaftliche Werke.

Das „Original" dieser Aranäe oräonnanee, welches angeblich nach der
Murtenschlachl 1476 in Karls Zelt erbeutet wurde, befindet sich in der Berner
Stadtbibl. (^.. 219) und führt den Titel »I^oix 6t ordonnaneos ou
8tatu2 nailitair68 d6 Non Loi^nour 16 vue 01iarl68, vue 6t
eont6 d6 LourAOAN6 6te. d62. I-an 1473.« Das auf Pergament ausge-
führte Titelbild stellt im Mittelselde den Herzog dar, wie er einen Ritter zmn
Chef einer seiner Ordonnanzkompagnien erhebt, indem er ihm Kommandostab
und Statuten überreicht. Dies Vorblatt mag wirklich aus der Murtenbente her-
rühren; der auf Papier geschriebene Text dagegen scheint eine Kopie des 16. Jhdts.
zu sein. — Andere Exemplare der Ordonnanz befinden sich im Wiener Archive
stz 32^, in der Münchener Hof- und Statsbibl. (eod. Aall. 18) und in der Pariser
Nationalbibl. (ins. Iraii^. no. 9847). — Der Text des Berner Exemplars ist ab-
gedruckt in des Generals Guillaume-: Hi8tori6 d6 l'or^arimation militairo 80U8

168 dU68 d6 L0UrK0A116.

Ein Bild des Zustandes des burgundischen Heeres nach dieser
Reorganisation hat uns einer der Gardehauptleute Karls überliefert,
Olivier de la Marche. Dieser tüchtige Mann war 1422 geboren
und starb 1501 im Dienste der Maria von Bnrgund. Er war seincm
Herrn, den er seines enormen Fleißes wegen „Karl den Arbeiter"
nannte, treu ergeben und schrieb während seiner Amtsführung Denk-
würdigkeiten, welche zu den wichtigsten Quellen für die Zeit von 1453
bis 1492 gehvren und namentlich für die Geschichte des burgundischen
Kriegswesens von hohem Werte sind. Besonders mitgeteilt hat daraus
Buchon in den Ollroiri^nes et inonaoiros sur I lli8toir6 llo ranee
sParis 1836) den »IÜ8tat äs rnai80n äo LourZOANs. 1474« h. —
Hieraus und auf Grund einiger anderer ergänzender Nachrichten ergibt
sich nun nachsolgende Übersicht.

Die oberste Verwaltung lag in der Hand eines Hofkriegsrates unter
dem persönlichen Vorsitze des Herzogs, dem vier Ritter als vortragende Räte
dienten, während zwei Sekretüre die schriftlichen Ausfertigungen besorgten.
Ein Hofkriegsrat war 1r^8ori6r d6 1a Zn6rr6, welchem Kriegszahlmeister zur Seite
ftanden. — Die höchste Kommandostelle war die des Marschalls von Bnrgund,
der in Abwesenheit des Herzogs den Oberbefehl führte, andernfalls die Vorhut
führte. Als Lieutenant des Marschalls fungierte der rnar^olial d6 1'1io8t, der
Feldmarschall.

i) Wichlig für die burgundische Heeresgeschichte ist eine Abschriftensammlung von Akten und
Ordonnanzen, welche die kgl. Bibliothek in Haag bewahrt (t. 255): HiKtolre nallLtaire äe8 ka^s-
Na8 avant 1'6tav1l886in6nt ä68 troup68 r6§l668. Es sind 2 Bände. Der erste beginnt mit den
OräiiiaiieliLor 6nä6 §6doä6li äl6 ä6 8t6ä6 6Qä6 0a886lrl6 Noii(l6a Lii or1oZ1i6ii und führr bis
zu einem Erlaß Karls V. über die Lehnsfolge v. I. 1520. Der zweite Band beginnt wieder mit deni
I. 1411; er enthält besonders viel Ordonnanzen aus der Zeit Karls des Kühnen, auch Stadtrechnungen
Äber Kriegsunternehmungen u. dgl. m.
 
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