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Jahrbuch der Baukunst und Bauwissenschaft in Deutschland — 1.1844

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Menzel, Carl August: Geschichtliche Entwicklung des Formenwesens teutscher Baukunst von ihrem Ursprunge bis auf die neueste Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.19236#0021
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Gcschlchttiche Entwickl. deS FormmwesenL teutscher Bcmkunst. 5

Niemals und zn keiner Zeit ift die Bautechnik im Stande gewesen,
irgend eine wesentliche Formen-Veränderung hervorzubringen; die durch
dieselbe ausgesührten Bauconstructionen habeu sich im Gegentheil immer
dcr von der jedesmaligen Gcistesrichtung beherrschten Form anschließen
müssen.

Betrachten wir den Zustand Teutschlands vor Einsührung dcS
Christenthnms; so schen wir balv, daß an einen rinmittelbaren Einfluß
antiker Kunst aus zwcierlei Ursachen gar nicht zu denken tvar.

1) Die einzclnen Heereszügc, welche ohne weitere dauernde Besitznahme
vom Rorden her nach dem Süden und Westen erfolgten, waren
nicht geeignet, antike Kunst in die nordischen Gegenden zu vcr-
pslanzen.

2) Ein ganz von dem der antiken V'ölker verschiedener -Neligionsglaube
und Cultus machte die in der antiken Welt einbrechenden Horden
gleichgültig gegen das was sic sahen, nnd, wie Vcrschiedenheit der
Rcligionsansichten leider ünmer die stärkste Nrsache des Völkerhasses
gewesen ist, so konnten die nordischen Hccre die antikcn Tempel
nur zerstören, ohne von ihnen etwas zu lcrnen.

Die Teutschen bewohnten ganz Mitteleuropa, von der Dstsee bis an
die Mpen. Norwegen, Schweden, Dänemark und Islanv hießen
Scandinavien.

Die süvlichen Teutschen theilten sich in drei große Eidgenossen-
schaftcn: die Niederteutschen oder Sachsen, die Mittelteutschen oder Fran-
ken, die Oberteutschen, Hochteutschen oder Sucven. (Allemannen. Schwa-
ben). Dieser letzte Stamm ist seit Cäsars Zeit bekannt und hicß der
gothische, auch hatten seit scner Zeit die -Römer feste Plätze an dci
Donau entlang. Da aber die Römer den Sueven ihre Religion ließen,
so hatte römische Kunst keinen vorherrschenden Einstnß auf diese Gc-
genden.

Ein gemeinsames Band der Thor- und Othin-Religion verband
die teutschen Stämme, und wir werden im Versolge dassenige hervor-
heben, was aus spätere Formenbilvung einigermaßen hindeutet, wobei
wir mehrsach Mone's Geschichte des Heidenthumes zu Nathe gezogen
haben.

Die Scandinavier und Teutschen hatten große Opferplätze. (Blot-
stadr, Blmstätte). Priester und Priestcrinnen wohnten abgesondert. Der
kllnfenthalt der Priesterinnen war heilig und ein Zusluchtsort (^8^lum),
so vaß viele Väter ihre Töchter zur Sicherheit in solehe hcidnische Klö-
ster schickten, woraus, wie es scheint, die Sirte entstand, daß Könige
und Jarle zuweilen für ihre Töchter besondere Häuser bauen ließen - um-
 
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