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Jahrbuch der Baukunst und Bauwissenschaft in Deutschland — 1.1844

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Menzel, Carl August: Geschichtliche Entwicklung des Formenwesens teutscher Baukunst von ihrem Ursprunge bis auf die neueste Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.19236#0082
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Geschi ch tIiche Eimvicklu11g

Kalkputz angetragncu, irach eincm Jahrc wiedcr abfatlenden Gtiedernngen
destehen sollten, viel thenrer waren als der noch immer herrschende Eoininiß -
Styl, nnd daö gab dem Aufblühen dieser Gesialtung bald nach ihrem
Anslreten, wenigstens fnr alle nicht kirchlichen Gebände, sogleich den Todes-
stoß. Wir wolien ja so gern alles Schone und Gnte besördern so viel
es in nnsern Kräften steht, nur muß es keine Anstrengung, keine Beharr-
lichkeit, am allerivenigsten aber Geld kosten.

Mit dem Nationalbaustyl sah es also etivas knmmerlich aus. Hin
nnd Ivieder entstanden wohl in Teutschland Banwerke dieser Art; allein
es war ihnen dentlich anznsehen, wie man dabei die möglichste Kostener-
sparung im Auge gehabt hatte. Die Geistesspannnng ließ allinählig nack',
das Tentschthum wnrde dnrch Demagogie anrüchig, die Banknnst hatte
überdies dem eitigst austanchenden Umschaffen der andern Künste nickt so
schnell folgen können, nnd so kam es, daß die Wiedergebnrt des alttentscken
Styles cben so schnell verschwand, als sie gekommen war. Das Gnte
hatte es sedoch herbeigeführt, daß man, aufmerksam anf die Banten der
Vorfahren geworden, dieselben nnn hinsichtlich ihrer Eonstrnetion, Form
und gesckichtlichen Entwicklnng genan dnrchforschte, und daß man hierdnrch
anf andere Untersuchungen geleitet wurde. Endlich erkannte man daS
ganze großartige Verschmelzen nnd Jneinand ergreifen der
Baustyle aller Völker nnd Zeiten, wovon man bis dahin keine
Ahnnng gehabch denn engherzige akademische Lchren bcsagten früher:
Alles, was nicht nach Vitrnv und ver Jtaliener Lchren
geformt ist, taugt nichtS; man betrachtete also Alles was in diese
Negeln nicht paßte, als gänzlich ver Vlühe nniverth, nm es zu dnrcksorschen.

Man war also für alle nicht ösfentlicken Banten den vateilänviscken
Styl wieder los geworden, nnd kehrte zn dem ivohlseilern Eassernen-
Eommißstyl gedulvig und sreudig znrnck. Eine religiöse Knnstricktnng ivar
anch nenerdings nicht wahrznnehmen, so sehr man sich auch in der nen-
alttentschen Zeit davon das Ansehen geben wollte. Kirchen halte man
vorläufig uoch, man stellte her, ivas herznstellen ging. Jn den Knnstans-
ftellnngen verschwanden sogar die geschickrlichen Darstellnngen iinmer mehr,
und in der Baukunft begnügte man sich mit allen möglichen Arcen von
Denkmälern, die man znm Andenken srüher geivonnener Schlachten, zn
Ehren auf alle mögliche Art berühmt gewordner Männer errichtete. Ja
längst vergangne ZUten mnßten der Dankbarkeit der Gegenwart Gelegen-
heit geben, Berühmtheiten dnrch Monnmente zu feiern — wie man kürz-
lich in Frankreich beschloß, dem tentschen Erfinder dcr Nunkel - Nnben -
Zncker-Fabrication cin Denknial zn setzcn.

Es trat die Zeit dcr Denkmälerrichtnng ein.
 
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