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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Kurth, Betty: Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0027
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Betty Kurth Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient

Beschreibung

Das Gemach, in dem sich unsere Malereien befinden, ist rechteckig, 7*8,0 m lang, 6 m
breit, 5-40 m hoch. Von der Höhe entfallen nur 3-14 wl auf die Fresken, die als hoher
Fries den Raum umziehen. Der 2-zb m hohe Sockel, dessen oberer Teil ornamentale Be-
malung aufweist, dürfte früher einmal mit Teppichen17) oder Holzvertäfelung verkleidet
gewesen sein. Der alte Holzplafond ist noch teilweise in seiner ursprüngiichen Form er-
halten. Er war kassettiert, die Felder mit dunkelroter Farbe bemalt und mit Golddekorationen
geschmückt. Er dürfte aus der Zeit stammen, in welcher Bernhard von Cles das Gemach
restaurieren ließ, da sich sowohl an den Balken der Decke als auch zwischen denselben in
einem schmalen oberhalb der Malereien sich hinziehenden Fries die Clesischen Embleme
finden18). An der Nordwand des Gemaches, in der Ecke gegen Osten, öffnet sich die Tür
zum Wehrgang. An der Ostwand und an der Westwand befindet sich je ein breites Fenster,
das jetzt bis auf eine kleine Öffnung zugemauert ist. Im oberen Teil' des westlichen Fensters
ist das gemalte Wappen des Bischofs Bernhard von Cles. Zur Umrahmung der Fenster
und zur Abgrenzung derselben gegen die Fresken dient ein schmaler, gemalter Ornament-
streifen. Ein stilisiertes Rankenband, unterbrochen von kreisrunden Medaillons, die teils
von Wappen, teils von bärtigen Männerköpfen ausgefüllt werden (Taf. III u. VIII). Leider
sind die in den Ecken befindlichen Wappen, die uns vielleicht das Geheimnis der Fresken
teilweise zu lüften vermöchten, fast ganz zerstört. Nur an dem linken Wappen des westlichen
Fensters ist der untere Teil erhalten. Es ist deutlich ein horizontal geteilter Wappenschild
wahrnehmbar. Im unteren Teil stilisierte Ranken, dunkelbraun auf gelblichem Grund, oben
undeutliche Flecken auf Gelb. Unter den Trientiner Bischöfen könnte man höchstens an
das des Bischofs Georg I. von Liechtenstein denken, der einen horizontal geteilten rot-gelben
Schild führte19). Es ist dies freilich eine unsichere Hypothese, auf die wir unsere Datierung
um so weniger stützen dürfen, als ja vor allem ungewiß ist, einerseits, ob die Wappen zur
Zeit des Ornamentbandes ausgeführt wurden, andererseits, ob dasselbe mit den Fresken
chronologisch übereinstimmt, welch letztere Frage ich allerdings auf Grund meiner späteren
Ausführungen bejahen zu können glaube. Im Ornamentstreifen innerhalb des Fenster-
rahmens befindet sich an demselben Fenster der schwarze Adler auf weißem Grund, das
Trientiner Bistumswappen.

Wir- wenden uns nun zur Beschreibung der Fresken selbst. Diese zeigen fast alle die-
selbe landschaftliche Szenerie. Ein unmittelbar von der unteren Begrenzungslinie des Bild-
feldes steil ansteigendes Terrain, das von schroffen, kahlen Felsen gekrönt wird. Es ist fast
immer in mehrere Pläne zerlegt, in denen sich übereinander die einzelnen Szenen abspielen.
Ein unverhältnismäßig schmaler Streifen ist dem tiefblauen Himmel gegönnt, in dessen
Mitte, über jeder Darstellung, eine große, in weißem Gips aufgesetzte, früher wahrscheinlich
vergoldete Sonne sich befindet, zu deren Seiten das dem Monat entsprechende Tierkreis-
bild in weißer gotischer Schrift eingezeichnet erscheint. Am unteren Rand jeder Darstellung
ist ein kleines Schildchen gemalt, das den jeweiligen Monatsnamen trägt20). Die einzelnen
Darstellungen werden durch zierliche, überschlanke, gewundene Säulchen voneinander getrennt,

17) Dafür spricht die Schilderung Mattiolis. pag. 1-^25. Ein horizontal geteilter Schild findet sich nach

ls) Das Bündel aus sieben Stäben und die gekreuzten Georg I. erst wieder bei Johann v. Hinderbach (1465—1.486).

Palmzweige. Siehe Taf. VIII. [ 20) Die mit Capitale geschriebenen Monatsnamen, wie

l9) Simone Weber, Gli stemmi dei Vescoyi e Prin- z. B. Januarius, sind später mit Bleistift, wahrscheinlich über

cipi di Trento. Rivista Tridentina VII. (1907) Fase. i. der verwischten gotischen Schrift, eingezeichnet.
 
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