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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Kurth, Betty: Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0098
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Betty Kurth Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient

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Die Komposition ist in entsprechender Modifizierung dieselbe, wie sie uns in zahl-
reichen deutschen Handschriften überliefert ist. Schon in der aus dem Beginn des XIV. Jhs.
stammenden Heidelberger Minnesinger Handschrift, der sogenannten Manesseschen Lieder-
handschrift164), bildet, wie es ja den tatsächlichen Turniergewohnheiten entsprach, der Balkon
mit den zuschauenden Damen, vor deren Augen sich der Kampf abspielte, den Hintergrund
der Darstellung, während im Vordergrund zwei kleiner gezeichnete Figuren sich befinden,
Knaben, die in Trient damit beschäftigt sind, die abgesplitterten Lanzenspitzen aufzulesen.

Fig. 44 Schloß Runkelstein, Tirol. Fresken

Ahnliche Darstellungen finden sich im Kodex Balduineus zu Koblenz165), in den Zeichnungen
des Kassler Wilhelm von Oranse166) u. a. m. Schließlich ist auch auf der Burg Runkelstein
im Neidhartzimmer ein Turnier dargestellt, das wohl noch zu den frühesten, bald nach 1385
entstandenen Malereien gehört167) (Fig. 44), wo ebenso wie in Trient mehrere Paare im
Kampfe gegeneinander lossprengen. Die Zuschauer erscheinen nach rechts verschoben.

des XIV. und XV. Jhs. Vergl. darüber: Frenzei.: Führer 10G) Vergl. Janitschek: Geschichte der deutschen

durch das historische Museum zu Dresden. Leipzig 1850, Malerei. Berlin 1890, pag. 183.

Wilh. Schultz: Deutsches Leben im XIV. und XV. Jh. l67) Die Burg gelangte 1385 in den Besitz Nicolaus

Wien 1892. Vol.II, Quirin v. Leitner: Freydal, Einleitung. des Vintlers, der begann, sie künstlerisch ausschmücken zu

164) Franz Xaver Kraus: Manesses Liederhand- lassen. Sein Wappen findet sich an mehreren Stellen. Leider

schrift. Hier ist nicht das Turnier selbst dargestellt, son- sind sämtliche Malereien in einem beklagenswerten Zustand

dern' ein Zeitpunkt nach dem Turnier, die Überreichung und wurden ohne Ausnahme im XVI. Jh. auf Befehl

des Kranzes an den Sieger. Abg. auch bei Anton Springer: Maximilians I. übermalt. Daß sie von einem deutsch-tiroli-

Handbuch der Kunstgeschichte B. II, Taf. X. sehen Lokalmaler herrühren, kann kaum mehr einem Zweifel

105) Georg Irmer: Die Romfahrt Kaiser Heinrichs VII. unterliegen und ist meines Wissens bisher allgemein ange-

im Bilderzyklus des Kodex Balduini Trevirensis. Berlin nommen worden.
1881, Taf. 34.
 
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