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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Kurth, Betty: Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0099
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Betty Kurth Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient

Auch hier im Vordergrund die Knappen, die Lanzensplitter sammeln und den Gefallenen
zu Hilfe eilen.

Zum Schlüsse dieser Erörterung" verweisen wir noch auf die Resultate unserer ikono-
graphischen Beweisführung in einem früheren Kapitel, die ebenfalls eine Übereinstimmung
der Monatsbeschäftigungen in Trient mit den deutsch-nordischen Zyklen ergeben hat.

Wir gelangen somit auf Grund stilkritischer Erwägungen zu einer von Fogolaris
Hypothese abweichenden Feststellung. Nicht als Werk der frühveronesischen Malerschule
sind die Fresken im Adlerturm zu betrachten. Sie bieten uns vielmehr ein markantes Bei-
spiel der Kreuzung zweier Kunstströmungen, eines Mischstiles aus deutschen und verone-
sischen Stilelementen. Eine Tatsache, die sich aus der Lage Trients, das sich mitten auf
der bedeutsamsten Verbindungsstraße zwischen den beiden Kulturzentren befindet und das
schon damals eine aus Deutschen und Italienern gemischte Bevölkerung besaß, leicht er-
klären läßt. Heben wir noch hervor, daß wir in unseren Malereien neben den naturalistischen
Errungenschaften des neuen Stiles trecenteske, in der allgemeinen Kunstentwicklung zurück-
gebliebene Züge beobachten konnten und daß die Qualität der Fresken keinen allerersten
Künstler vorauszusetzen gestattet, so steht der Annahme nichts mehr im Wege, daß wir
das Produkt einer lokalen Kunstübung, das Werk einer auf Grund des bisher vorliegenden
Materials nicht näher zu fassenden südtirolischen Malerschule vor uns haben. Es gibt ja
im XIV. und XV. Jh. gerade in Südtirol eine ganze Reihe solcher bis heute noch nicht
völlig erschlossener Lokalschulen, von denen uns hervorragende Werke der italienisch
beeinflußten Brixner Schule108) oder der mehr deutschen Schule von Bozen100) erhalten sind.

Der Zufluß oberitalienischer Künstler nach Tirol war vom Ende des XIV. Jhs. an ein
ziemlich reger. Es sind uns sowohl bezeichnete Arbeiten als auch Quellennachrichten darüber
erhalten. Hier seien insbesondere veronesische Maler genannt, deren Aufenthalt in Südtirol
überliefert ist. Es wird uns schon im Jahre 1387 ein sonst unbekannter Maler Bettino da
Verona als in Trient wohnhaft urkundlich erwähnt170). Eine andere Urkunde vom 23. April 1434
bestätigt den Aufenthalt Stefano da Zevio's in Tirol. Dort wird als Zeuge für eine Schenkung
genannt: „Magister Stefanus pictor, quondam Johannis de Verona habitator nunc in castel
Bragerio"171). Dazu kommt eine Reihe signierter Werke aus dem XV. Jh. In Trient selbst,
im Museo Diocesano, befindet sich ein signiertes Bild von Cecchino da Verona. In Tenno
bei Riva befinden sich Fresken mit der Inschrift: „Opus Julliani de Verona etc."172). Im
Chor der Pfarrkirche von Mori ist ein Fresko mit der Bezeichnung Gregori di Riva, Pidor
di Verona 1496178). usw.

Anderseits wird uns aus einem leider unauffindbaren Rechnungsbuch der Fiskalkammer
von Verona berichtet171), daß nebst anderen Malern ein gewisser Meister Sardo aus Trient
zur malerischen Ausschmückung des alten Skaligerpalastes und des Palazzo pubblico, in
dem damals Francesco Carrara wohnte, nach Verona berufen wurde, also um das Jahr 1404.

108) Hans Semper: Die Brixener Malerschulen des
XV. und XVI. Jhs., Zeitschrift des Ferdinandeums 1891.

109) Heinz Braune: Die kirchliche Wandmalerei
Bozens um 1400. Zeitschrift des Ferdinandeums 1906.

™) Die Urkunde enthält eine Erklärung des Bischofs
Albert über das Patronatsrecht der Pfarre Bozen. Abge-
druckt bei Schnei.t.er: Beiträge zur Geschichte des Bistums
Trient. Zeitschrift des Ferdinandeums 1894, pag. 184. Vergl.
Jahrbuch d. Samml. d. Allerh. Kaiserhauses Band XX.

Regesten 17.437 und Kunstfreund 1894, pag. 8.

171) Kunstfreund 1900, pag. 8.

172) Heinz Braune: Die kirchliche Wandmalerei
Bozens um 1400. Zeitschrift des Ferdinandeums 1906.
pag. 26.

173) Karl Atz: Kunstgeschichte von Tirol und Vor-
arlberg. Innsbruck 1909.

174) Diego Zannandreis: Le vite dei pittori, scultöri
ed architetti Veronesi (ed G. Biadego). Verona 1891.
 
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