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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Kurth, Betty: Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0106
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Betty Kurth Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient

Fehden und Kämpfe verwickelt. Der langwierigste und erbittertste Kampf war der mit
Herzog Friedrich IV. von Österreich. Bischof Georg war gezwungen, im Jahre 1407 wegen
der bereits erörterten Vorfälle aus Trient zu fliehen und mußte sein restliches Leben mit
kurzer Unterbrechung bis zu seinem im Jahre 1419 erfolgten Tode fern von seinem Bistum
verbringen. In den Jahren zwischen 1407—141g also residierte kein Bischof in Trient und das
Kastell wurde von Landeshauptleuten verwaltet, ein Umstand, der für die Datierung unserer
Fresken nicht unwesentlich ist. Denn es ist kaum anzunehmen, daß in dieser Zwischenzeit
Malereien im Kastell ausgeführt wurden. Andererseits gelangen wir durch diese historischen
Verhältnisse zu einer noch engeren chronologischen Begrenzung der mutmaßlichen Entstehungs-
zeit, die somit auf die Jahre zwischen 1400—1407 eingeschränkt wird.

Daß Bischof Georg auch Sinn und Vorliebe für Werke der Kunst hatte und sich eine
kleine Sammlung von kunstgewerblichen Gegenständen angelegt hat, beweist uns das er-
haltene Verzeichnis der Kleinodien, die Herzog Friedrich dem Bischof bei dessen Gefangen-
nahme im Schlosse Buon Consiglio abnahm202).

Neben wertvollen Stoffen, Tassen, Bechern, Silbergegenständen und anderen Kostbarkeiten
werden hier auch mit Miniaturen geschmückte Bücher aufgezählt . . . Item librum missalem
pro Domino G(iorgio) episcopo — . — Primo biblia in pulcherrimo volumine . . . Item plura
psalteria et maxime unum in pulcherrimo volumine et cum pulcherrimis figuris. Item
breviarum secundum curiam Romanam in pulchro et magno volumine . . . Herbarium cum
figuris depictis . . . usw. Einzelne dieser Kunstgegenstände, die das Wappen Bischof Georgs
tragen, sind noch in Trient erhalten, so ein schön gearbeitetes Kreuz203) und ein miniertes Ponti-
fikale204) im Museo Diocesano, ein gestickter Teppich und ein Reliquiar im Dom von Trient205).

Schließlich möchte ich hier noch eine Vermutung zu äußern wagen, die für unsere
Ausführungen von besonderem Interesse ist. In dem im Wiener Kunsthistorischen Hof-
museum befindlichen Tacuinum sanitatis ist außer dem von Schlosser mit dem Wappen
der Familie Cerrutti identifizierten noch ein anderes Wappen vorhanden, das bisher
nicht befriedigend gedeutet werden konnte. Es befindet sich auf dem Vorsatzblatte und
zeigt in einem gotischen Vierpaß einen gold über rot geteilten Schild mit einer bischöflichen
Mitra darüber. Schlosser hat schon darauf hingewiesen, daß dieses Wappen einem späteren
Besitzer anzugehören scheint. Auch sucht er es mit dem Wappen der veronesischen Familie
Stopazzola zu identifizieren, doch hebt er selbst hervor, daß Bischöfe oder Abte in dieser
Familie nicht nachzuweisen seien206).

Nun stimmt obiges Wappen vollständig mit dem überlieferten Wappen des Bischofs
Georg I. von Liechtenstein überein207). Wir haben bei der Beschreibung der Ausschmückung

202) Graf v. Brandis: Tirol unter Friedrich v. Öster-
reich. Urkundenbuch. pag. 325 und Jahrbuch d. Samml. d.
AUerh.Kaiserhauses. Bd.XX. RegestenCXXXI. Nr. 17.494.

203) Desiderio Reich: Lo stemma di Trento. Tri-
dentum IX. 1906. Mai. Fase. III. Vincenzo Casagrande:
Catalogo del Museo Diocesano di Trento. Rivista Triden-
tina VIII. (1908) Fase. i, Nr. 10.

2M) Hermann Jul. Hermann: Die illuminierten Hand-
schriften in Tirol. Leipzig 1905, Nr. 274 und 275. Vin-
cenzo Casagrande: Catalogo del Museo Diocesano di
Trento. Rivista.Tridentina VIII.(l9o8) Nr. i, Nr.373und374.

20i) Desiderio Reich: op. cit. Tridentum IX. 1906.
Mai. Fase. III.

200) Jul. v. Schlosser: Ein veronesisches Bilderbuch
etc. Jahrbuch d. Samml. d. Allerh. Kaiserhauses, Band XVI.

207) Simone Weber: Gli stemmi dei Vescovi e Prin-
eipi di Trento. Rivista Tridentina VII. (1907) Fase. i,
päg. i—25. Es wären hier z. B. die Wappen auf dem früher
genannten Kreuz im Museo Diocesano, aus den allerdings
aus dem XVI. Jh. stammenden Lehensbüchern Nr. IV, im
Archivio vescovile in Trient und Nr. IV im Statthalterei-
archiv in Innsbruck, sowie das Wappen in dem in der
Biblioteca capitolare zu Trient befindlichen aus dem Jahre
1402 stammenden Pontificale des Bischofs Vitalis zu ver-
gleichen. Hermann Jux. Hermann: Die illuminierten Hand-
schriften in Tirol. Leipzig 1905.
 
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