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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Presel, J.: Monumenta deperdita
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0284
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18g

es nur in alten Aufnahmen mehr. Seine Freunde
verzichten nach und nach darauf, es zu retten, denn
es gibt nur wenig mehr, was noch zu retten wäre,
und der Anprall der Spekulation ist so groß, daß
ihm jede bessere Einsicht weichen muß. Wien hat
schon einmal eine ähnliche weitgehende Umgestaltung
erfahren, als es nach der zweiten Türkenbelagerung
neu aufgebaut wurde. Doch gerade ein Vergleich
mit dieser ersten Modernisierung im großen Stile
beleuchtet grell die beschämende Tiefe der heutigen.
Im XVIII. Jh. beruhte das neue Wien nicht zuletzt
auf den Forderungen einer neuen Kunst, deren gran-
diose Monumentalität und Bewältigung der archi-
tektonischen Komposition, wie sie die Welt nie früher
sah, den Rahmen der alten Stadtbildungen sprengen
mußte, um Großes zu erreichen. Das Höchste, Ge-
waltigste der damaligen Kunst stand dem neuen
Wien an der Wiege: heute ist es das Platteste,
Banalste, ja, Gemeinste.

Es sind nicht so sehr einzelne Monumentalbauten,
welche dem künstlerischen Städtebau der Gegenwart
die Signatur geben, sondern vielmehr die zielbewußte
Gestaltung des Stadtbildes im Zusammenhange mit
dessen historischer Entstehung oder, wo dies nicht
der Fall ist, doch auf Grund einer einheitlichen
künstlerischen Lösung. Es ist eine Freude zu sehen,
wie sich z. B. einzelne reichsdeutsche Städte auf
Grund eines solchen künstlerischen Programms ent-
wickelt haben, das sich nicht nur mit allen Forderun-
gen des heutigen Lebens vereinigen läßt, sondern
geradezu durch sie bestimmt wird. In Wien handelt
es sich aber nicht um ein künstlerisches Neuwerden,
sondern nur um ein wüstes, planloses Zerstören und
Neuaufbauen, bei dem die wirtschaftlichen und
sozialen Vorteile, da sie in keiner Weise berücksich-
tigt werden, nur einen verlogenen Deckmantel be-
deuten und bei dem die Kunst eine ähnliche Kolle
spielt, wie etwa bei den Städtegründungen im
amerikanischen Westen oder russischen Osten. Finis
Vindobonae.

2. Der Hrvojaturm in Spalato

Die Tristium aus Dalmatien würden jahraus
jahrein Bände füllen. Doch folgende drei Beispiele
dürften genügen, zu beleuchten, wie es um die öffent-
liche Pflege der alten und neuen Kunst in diesem
Lande der großen künstlerischen Vergangenheit be-
stellt ist.

Denkmalpflege. Die Ruinen der vor wenigen
Jahren mit Dynamit zum Zwecke der Gewinnung
des Steinmaterials für einen Schulbau gesprengten
Kirche S. Ambrogio in Nona aus dem XL Jh. werden
mit einem Aufwände von 3000 K gesichert. Auf diese

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Weise vereinigt man Bedürfnisse des heutigen Lebens
(Schulbau) mit den Zielen der Denkmalpflege
(Sicherung der Ruinen), wobei freilich die Ruine
erst hergestellt werden mußte und ein wichtiges,
schönes und gut erhaltenes Baudenkmal zugrunde
ging-

Heimatschutz. In Arbe will die Arbegesell-
schaft auf der Anhöhe in unmittelbarem Anschlüsse
an den unvergleichlichen und unvergeßlichen Meeres-
prospekt ein großes Hotel bauen und damit diese
weltberühmte Vedute ungenießbar gestalten. Die
Leute werden wohl in der Zukunft massenhaft in
Arbe wohnen können, wahrscheinlich aber darauf
verzichten, hinzugehen, weil ihnen doch vielleicht
das, was früher zu sehen war, wichtiger sein dürfte,
als das neue Hotel. Man glaube aber ja nicht, daß
man in Arbe nicht weiß, was man den modernen
Heimatschutzbestrebungen schuldig ist, die die Pflege
der bodenständigen Bauweise verlangen. Erst heuer
im Frühjahr hat man in dem altberühmten schönen
Pinienpark von Arbe eine öffentliche Abortanlage in
der Gestalt einer altdalmatinischen Kapelle — wenn
ich nicht irre, aus Staatsmitteln erbaut.

Der Hrvojaturm oder die moderne Kunst-
pflege. Es ist natürlich, daß jede aufstrebende Gene-
ration dauernde Wahrzeichen ihrer Bedeutung schaffen
will, und zwar nicht nur in neuen sozialen und wirt-
schaftlichen Einrichtungen, sondern auch in Kunst-
werken. So selten auch die letzteren einen objektiven
Maßstab für die Höhe der Kunst in ihrer Zeit und
Heimat bieten, da sie ja oft von ganz unbedeutenden
Künstlern ausgeführt werden, so sind sie doch immer
ein Maßstab für die allgemeinen Kunstzustände eines
Landes. Ein trauriges Dokument dieser Art ist das
neue Bankgebäude an der Riva in Spalato, dessen
plumper künstlerisch gefühlloser Aufdringlichkeit, wie
aus dem folgenden Berichte des Architekten Preski.
zu ersehen ist, nicht nur wichtige Teile, sondern auch
die ganze Harmonie eines Stadtbildes geopfert wurde,
das zu den eigenartigsten und schönsten der Welt
gehörte. Armes Land! M. D.

Bericht.

Im Auftrage der k. k. Statthalterei hat der
Gefertigte die Grundrisse der bei der Demolierung
des Hauses Borelli zutage getretenen Fundament-
mauerwerke des neben dem Hrvojaturm liegenden
zweiten Turmes aufgenommen und schließt sie nebst
den dazugehörigen Aufrissen der im selben Hause
befindlichen und eben demolierten alten Mauerüber-
reste bei.

Die Mauerüberreste A, B, C, D, E bildeten die
nördliche Front des Hauses Borelli und waren mit

Monumenta deperdita

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