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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Editor]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Presel, J.: Monumenta deperdita
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0285
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I9I

einer großen Anzahl unregelmäßig gelegenen Fenster-
öffnungen von verschiedenen Größen versehen.

Die Mauerung selbst bestand aus regelmäßigen
Quadersteinen mit gerader Verfugung, genau wie
am bestehenden Turm noch bemerkt werden kann.
Die Verfugung war sorgfältig ausgeführt und das
ganze Mauerwerk noch sehr gut erhalten.

Die Fensteröffnungen, die während oder nach
der Erbauung des Hauses in der alten Verbindungs-
mauer zwischen Turm 1 und 2 und in den Mauern
des Turmes 2 ausgebrochen worden sind, waren nur
teilweise mit Fenstersteinen versehen.

Über einigen derselben befanden sich Überreste
von in jener Zeit landesüblichen steinernen Wasser-
ablaufplatten.

Die Verbindungsmauer zwischen Turm 1 und 2
war ursprünglich 3 m dick. Zwischen den sichtbaren
gut bearbeiteten etwa 60—70 cm dicken Quader-
mauern war eine Steinfüllung aus mittelgroßen
Steinen in Kalkmörtel gelegt.

Bei der Erbauung des Hauses Borelli wurde
das südliche Quadermauerwerk der Verbindungs-
mauer samt Steinfüllung entfernt und nur die nörd-
liche Quadermauer erhalten, die als Nordfront des
Hauses figurierte.

Dieselbe Aufgabe hatten die Quadermauer-
überreste A, C, D, F des Turmes 2 nach der Demo-
lierung des übrigen Teiles zu erfüllen. Von den
Quadermauerüberresten D, E, die am betreffenden
Hause noch sichtbar waren, konnten keine Aufnahmen
gemacht werden, da zur Zeit der von Seiten der
k. k. Statthalterei diesbezüglich anher gestellten
Aufforderung dieselben bereits demoliert worden
sind. Die oben erwähnte Verbindungsmauer zwischen
Turm 1 und 2, voraussichtlich bis zur Höhe der
Brustwehr massiv, diente als offener Verbindungs-
gang und war mit einem starken Parapette versehen.
Demselben Zwecke diente auch die noch jetzt be-
stehende Verbindungsmauer zwischen Turm 1 und
dem im Hause Perovic eingemauertem Turme 3.
Die Fundamente des Turmes 1, die beim Fundament-
aushub für das neue Bankgebäude zutage getreten
sind, gehen bis zu einer Tiefe von bloß 80 cm und
sind in zwei stufenförmigen Absätzen von 15 cm
Breite angelegt. Dieselbe Tiefe und absatzfürmige
Form der Fundamente konnte man unter der Ver-
bindungsmauer und den Mauern des Turmes 1 be-
merken. Die ganze 60 c«; über den Fundamenten
liegende Fläche des Turmes bestand zwischen den
Umfassungsmauern aus einer Steinfüllung von bis
030 cm3 großen Steinen in Mörtel versetzt, so daß
man schließen kann, daß dieser Turm bis zu einer
gewissen Höhe mit Füllmauerwerk versehen war.

192

Vom Turme 2 gegen Süden sind Überreste einer
Mauer vom 1'60«j Stärke gefunden worden, und zwar
mit der Richtung gegen Süden. Sie bestand aus
dem gleichen Material wie die Mauerung der
Türme.

Sie könnte als eine vorgeschobene Umfassungs-
mauer betrachtet werden, die sich, wie aus einem
alten Bilde der Kirche in Paludi von Girolamo da
Santa Croce, um das Jahr 1545 geschaffen, ersichtlich
ist, um die drei Türme gegen Süden hinzog und
dieselben einschloß.

Weitere Ausgrabungen zum Zwecke der Bloß-
legung dieser Mauer in ihrer Ausdehnung gegen
Süden konnten nicht vorgenommen werden, da sich
dazu die Bauunternehmung des Bankgebäudes ohne
besonderen Entgelt dafür nicht herbeigelassen hätte.

Im Jahre 1894 anläßlich des I. archäologischen
Kongresses hier erschienene Ephemeris Spalatensis
handelt im ersten Kapitel ausführlich über die Ge-
schichte des venetianischen Turmes an der Riva,
worin angedeutet wird, daß er irrtümlicherweise als
der zu Ehren des Fürsten Hrvoja errichtete Turm be-
zeichnet wird, und bewiesen wird, daß dieser letztere
nicht an der Riva gestanden ist, sondern am Orts-
ausgange des Diokletianischen Palastes. Die ganze
Anlage an der Riva, wie aus der approximativen
Skizze desselben Werkes ersichtlich ist, war ein
befestigtes Kastell, von den Spalatinern selbst
errichtet, und zwar kurze Zeit vor der Erbauung
der Befestigungsmauern um den neuen Stadtteil, der
sich gegen Westen des Diokletianischen Palastes
erstreckte (1549).

Mit der Demolierung der Nordfront des Hauses
Borelli sind nun beträchtliche Teile dieses malerischen
Kastells für immer verloren gegangen und es bleibt
nur noch der mittlere Turm bestehen, wird aber
durch den durchgeführten Neubau von der Südseite
aus gänzlich verdeckt und nur noch von der Nord-
seite gegen Süden sichtbar sein.

Das ganze Bild vom Meere wie von der Riva
aus wird durch diesen Neubau so stark beeinträch-
tigt, daß die ganze Häusergruppe, die früher mit
ihren mittelgroßen Gebäuden und einfachen Linien
das Auge so angenehm berührte, von nun ab einen
ganz andern Charakter angenommen hat.

Das neue Bankgebäude, welches im modernisier-
ten Biedermeierstil gehalten ist, paßt gar nicht in
die Architektur der Umgebung, teils wegen seiner
stark betonten vertikalen Linienführung in der Vorder-
front, teils wegen der reicheren architektonischen
Ausschmückung, die man an keinem der umliegenden
Gebäude mit Ausnahme am Hause Perovic bemerken
kann.

Monumenta deperdita
 
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