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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 6.1891

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Graef, Botho: Bruchstücke einer Schale von der Akropolis
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https://doi.org/10.11588/diglit.37650#0058
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48 Graef, Bruchstücke einer Schale von der Akropolis.

es auf dem Kopfe trägt, deutlich als Mädchen zu erkennen giebt, es ist die Elite
ceramographique I, 90 abgebildete rotfigurige Vase, auf welcher Niobe mit ihrer
Tochter vor Artemis flieht. Andererseits ist es bekannt, dafs Knaben nur entweder
ganz nackt, oder mit Himation allein (oder in eine Windel gehüllt) Vorkommen8,
und wenigstens unter den zahlreichen auf die Kindheit des Dionysos bezüglichen
Darstellungen, wie sie wesentlich von Welcher0, Stephani10 und Heydemann11
gesammelt sind, habe ich keine Ausnahme aufser den drei besprochenen gefunden.
Will man also in dieser eigentümlichen Bekleidung nicht nur einfach die
Übertragung der Tracht des erwachsenen Dionysos auf das Kind sehen, so dürfte
sie in der That den bei Apollodor berichteten Zug für den Anfang des fünften Jahr-
hunderts zu belegen geeignet sein. Diese Auffassung wird besonders dadurch em-
pfohlen, dafs dann die ITydria von Girgenti abgesehen von dem Fehlen des Hermes
genau mit den Worten Apollodors stimmen würde. Herr TI.- Gaebler macht mich
darauf aufmerksam, dafs die übliche Deutung dieser Darstellung auf die Übergabe
an die Nymphen unhaltbar sei; denn erstens ist durch die Säule angedeutet, dafs
die Scene im Gemach vor sich geht, was schon an und für sich schlecht zur Be-
hausung der Nymphen passen würde, dann kommt auch einer Nymphe kein Scepter
zu, wie es die stehende Figur trägt. Diese Figur ist aber überhaupt männlich, wie
aus dem Fehlen des Ohrschmuckes und aus der Haartracht hervorgeht. Es ist
nämlich ganz deutlich, dafs vorne in die Stirne kurze sich loslösende Löckchen
fallen, durchaus ähnlich wie bei Zeus, während die sitzende weibliche Figur eine
ganz andere Haartracht aufweist. Es kann nicht zweifelhaft sein, dafs wir in dieser
— sie ist auch durch ein Diadem ausgezeichnet — Ino, in dem stehenden Manne
Athamas zu erkennen haben12.
Berlin. Botho Graef.

8) Robert, Arch. Ztg. 1879 S. 24.
9) Zeitschrift für alte Kunst S. 500 ff- Alte Denk-
mäler IV S. 33 ff.
10) Compte-rendu 1861 S. 12ff.
n) Vgl. Anm. 7.
12) Das Bruchstück d erschien mir bei erneuter Be-
trachtung doch nicht als zugehörig. Es ist gegen

den Rand hin etwas dicker und etwas anders ge-
krümmt: somit wären die Schwierigkeiten, welche
seine Einordnung bereitet als beseitigt zu be-
trachten. Dagegen hat sich ein neues anpassen-
des Stück gefunden, das die Hand des kleinen
Dionysos, die den Zweig hält, und den Rest vom
Petasos des Hermes enthält (Athen, im März 1891).
 
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