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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 12.1897

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Wernicke, Konrad: Olympische Beiträge, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39821#0211
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Wernicke, Olympische Beiträge. VI.

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ziehen, der müfste unfehlbar zu folgendem Resultat gelangen: in die
Mitte gehören Zeus, Pelops, Hippodameia, kniendes Mädchen, und zwar die drei
zuletzt genannten nördlich von Zeus, da Stücke von ihnen nach Norden verschleppt
sind; in die nördliche Ecke gehören der sog. Kladeos (Alpheios nach Pausanias), der
hockende Knabe und der Greis. Aufserdem sind noch der nördlichen Hälfte zuzu-
rechnen, weil nach Norden verschleppt, das nach links gewante Gespann und der
kniende Jüngling. Auf die südliche Seite gehören der sog. Alpheios, der kniende
Mann und das nach rechts gewante Gespann; aufserdem, weil nach Süden ver-
schleppt, Myrtilos, Oinomaos, Sterope. Man würde also auf diese Weise zu
einer Aufstellung5 gelangen, die sich nur in einem Punkte von der mei-
nigen unterscheidet, indem sie den knienden Jüngling in die nördliche statt in
die südliche Hälfte verweist. Dafs dies nicht möglich ist, hat Treu74 gezeigt, aber
schwerlich kann die Verschleppung dieser, ziemlich der leichtesten, Figur uns
zwingen, das hier dargelegte System für unrichtig zu halten.
Ich hatte meine Anordnung ohne irgend welche Rücksicht auf die Fund-
umstände durch ganz andere Erwägungen gewonnen; jetzt aber, wo die P'undorte
in so glänzender Weise zu dieser Anordnung stimmen, darf ich darin wol eine Art
von Probe für ihre Richtigkeit erblicken.
Zum Schlufs erscheint es mir notwendig, noch ein Wort über die Compo-
sition zu sagen. Man wird der hier dargelegten Anordnung sicherlich den Vorwurf
nicht ersparen, sie ermangele der Symmetrie. Gewis keinem, der sich mit griechi-
scher Kunst beschäftigt, kann es entgehen, welch lebhafte Empfindung für Sym-
metrie die Griechen besafsen, wie sehr sie, zumal bei Giebelcompositionen, wo der
gegebene Raum von selbst dazu einlud, danach strebten. Aber eine Symmetrie in
der äufserlichen Art, wie sie vielfach gefordert wird, ist keineswegs immer ihr Ideal
gewesen; je mehr die altertümliche Kunst sich abklärt und der Vollendung nähert,
je mehr die naive archaische Lust zu fabuliren und zu symbolisiren vor den
höheren Forderungen eines geläuterten Kunstverständnisses zurückweicht, um so
wirksamer tritt an die Seite der alten äufserlichen schematischen Symmetrie die
innere Symmetrie und sucht ihre Rechte geltend zu machen. Wo beide untrenn-
bar verbunden und in einander verwebt sind, wie wir dies bei den Parthenongiebeln
mehr vermuten als wissen, ist die höchste Lösung des Problems gefunden. Vorher
überwiegt im Streit der Kräfte bald die eine, bald die andere. So kann sich denn
auch die Composition des Ostgiebels nicht jener schematischen, rein äufserlichen
Symmetrie der Aigineten rühmen, in der jede Figur der einen Seite ihr getreues
Gegenbild auf der anderen Seite findet. Nur ihre allgemeinsten Züge, deren P"ehlen
das Auge unbehaglich empfinden würde, sind geblieben. Die Composition gliedert
sich in eine Mittelgruppe und zwei Seitengruppen, deren jede von der Mittelgruppe
getrennt und zugleich mit ihr verbunden ist durch ein Viergespann mit einer davor
kauernden Figur. Die Mittelgruppe wird von fünf Figuren gebildet und gliedert

74) Jahrbuch 1889 S. 292.
 
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