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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 16.1901

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Dörpfeld, Wilhelm: Die vermeintliche Bühne des hellenistischen Theaters
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https://doi.org/10.11588/diglit.47180#0047
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Dörpfeld, Die vermeintliche Bühne des hellenistischen Theaters.

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und alle anderen Bauglieder sind gänzlich verschieden. Namentlich ist von dem
dorischen Gebälk der hellenistischen Proskenien gar nichts vorhanden. Ich werde
auch in diesem Falle das Bild selbst fernerhin als sichere Urkunde benutzen, nicht
aber Bethes Ergänzungen und Zusätze.
Von allen Gründen, welche Bethe im IV. Abschnitt seines Aufsatzes zu-
sammenträgt, um den Nachweis zu führen, dafs das hellenistische Proskenion nicht
der Hintergrund der skenischen Aufführungen gewesen sein kann, hat sich also
auch nicht einer als stichhaltig herausgestellt. Sie liefsen sich alle widerlegen oder
bewiesen uns sogar umgekehrt, dafs das Proskenion stets den Spielhintergrund und
die Orchestra den Standplatz der Schauspieler gebildet hat.
5. Im V. Abschnitte erörtert Bethe das Alter und die Einrichtung seiner
geschlossenen Bühne. Er verweist hier nochmals auf seinen schon mehrmals
erwähnten Beweis, dafs diese Bühne am Ende des V. Jahrhunderts erfunden sei
und behauptet, dafs »kaum ein Versuch ernstlicher Bekämpfung« gemacht sei.
Jetzt, durch das Madrider Vasenbild, sei seine frühere »Überzeugung« zur »Gewifsheit«
geworden. Wer ihn widerlegen wolle, müsse statt Spott und Ästhetik »schmiedeeiserne
Gründe« vorbringen.
Auf die einzelnen unbewiesenen Behauptungen und unrichtigen Schlüsse
dieses Abschnittes noch näher einzugehen, darf ich wohl unterlassen. Nachdem die
Prämissen sich als falsch herausgestellt haben, ist es überflüssig, sich noch weiter
mit den Folgerungen zu beschäftigen. Ob meine vorgebrachten Gründe stichhaltig
und »schmiedeeisern« sind, überlasse ich getrost dem Urteile Bethes und der
übrigen Leser.
6. Über die im VI. Abschnitte behandelten Dithyramben und ihren Spiel-
platz habe ich schon im ersten Teile dieses Aufsatzes genügend gesprochen. Ich
möchte hier nur nochmals meiner aufrichtigen Freude darüber Ausdruck geben, dafs
Bethe in diesem Punkte eine meiner Theorie so nahestehende Ansicht vertritt. Wer
das Proskenion des hellenistischen Theaters als Hintergrund für die Aufführungen
der Dithyramben anerkennt, weil er weifs, dafs in diesen Stücken der Chor noch
wirkte, der kann, so sollte man meinen, auch für die gewöhnlichen Dramen, die
ebenfalls in hellenistischer Zeit noch einen Chor hatten, keinen anderen Spiel-
hintergrund annehmen als das Proskenion und keinen anderen Spielplatz als die
Orchestra.
Athen, 31. Dezember 1900. Wilhelm Dörpfeld.

Jahrbuch des archäologischen Instituts XVI.

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