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Hartwig, Die linke Hand des Diomedes.

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Uffizien (Zweiter Gang nr. 133) vergleichen kann. Ein primitives, konisches Idol
war das Palladion hier allerdings sicher nicht.
Die Arbeit unserer Diomedhand ist vortrefflich. Knöchel, Sehnen, Adern
und Hautfalten sind mit grofsem Verständnisse wiedergegeben. Auch auf der dem
Auge des Beschauers abgewendeten Seite ist die Ausführung kaum weniger sorg-
fältig als auf der dem Beschauer zugewendeten Seite. Die kleinen Reste des Pal-
ladion lassen immerhin erkennen, dafs das Figürchen sehr nett und flott skizzirt
war. Alles in Allem dürfen wir also annehmen, dafs die Wiederholung der
Münchner Statue, welcher unsere Hand einst angehört hat, eine künstlerisch
vorzügliche war.
Zur Förderung der Frage, ob der Diomed des Kresilas ein Marmor- oder
Bronzewerk war, kann unser kleines Fragment kaum etwas beitragen. Jedoch wird
die Annahme Brunns in den Bayerischen Sitzungsberichten 1892 S. 653, dafs die
Münchner Statue ein kleines bronzenes Palladion getragen habe, durch unsere
Hand wohl jetzt endgültig beseitigt. Furtwängler hat es bereits in seinen Meister-
werken S. 317 Anm. 1 ausgesprochen, dafs eine solche Verbindung einer
kleinen Bronzefigur mit einem Marmorwerke allen technischen Gewohnheiten der
Copisten entgegensteht.
Beweise einer wissenschaftlichen Hypothese durch Thatsachen, wie wir sie
oben gegeben haben, sind gleich erfreulich für denjenigen, der sie beibringt, wie
für den, dessen Vermuthung sich bewahrheitet. Natürlich müssen solche Hypothesen
wissenschaftlich gut begründet sein. Fehlende Attribute antiker Statuen durch blofsen
Scharfsinn zu errathen und demnach dieselben zu taufen und umzutaufen, scheint
mir eine überflüssige Beschäftigung. Ist es in solchen Fällen nicht besser abzu-
warten ... in spe et silentio?
Endlich sei noch erwähnt, dafs die Diomedhand jetzt durch Schenkung in
den Besitz der k. Glyptothek zu München übergegangen ist.
Rom.

P. Hartwig.
 
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