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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 24.1909

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Versakis, Friedrich: Das Skenengebäude des Dionysos-Theaters
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https://doi.org/10.11588/diglit.44284#0234
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Fr. Versakis, Das Skenengebäude des Dionysos-Theaters.

gestreckten Arm in Beziehung zu ihnen gesetzt. Es fehlt also links eine zur rechten
symmetrische Figur, die man abgemeißelt hat, wobei der Grund in der Mitte etwas
unterhöhlt, an den Seiten dagegen in der ursprünglichen Höhe stehen gelassen, d. h.
eine Anathyrose hergestellt wurde; das entsprechende Stück der Plinthe mußte des-
wegen notwendig wegfallen. Offenbar sollte hier in rechtem Winkel eine andere Relief -
platte angepaßt werden, und zwar eines Innenfrieses, der rechtwinklich umbog.
Wäre an die Reliefplatte eine glatte Wand gefügt worden, hätte man die Figur nicht
weggemeißelt, sondern die Reliefplatte mit ihrer Schmalseite daranstoßen lassen. Wenn
die aneinanderzupassenden Teile dagegen zwei Reliefplatten waren, deren Grund
an beiden Enden zu schmal war, als daß die eine Reliefplatte darangestoßen werden
konnte, mußte notwendig eine der Figuren geopfert werden.
Daraus und aus der rohen Art, wie die Figur und die Plinthe entfernt ist, was
mit der sonstigen Arbeit des Reliefs und der Plinthe nicht in Einklang steht, folgt,
daß hier ältere Platten zum zweiten Male wieder benutzt sind. Hat aber die Ab-
meißelung, wie es wahrscheinlich ist, in der neronischen Zeit stattgefunden, so müssen
die Reliefs beträchtlich älter sein I). Das läßt sich nun auch durch den
Vergleich des Stiles der Reliefs mit Arbeiten des IV. Jahrhs. bestätigen. Es genügt,
einen Blick auf die attischen Grabreliefs der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts,
z. B. das der Demetria und Pamphile, zu werfen, um eine ähnliche Gewandbehand-
lung wiederzuerkennen. Dieselben schweren und dicken Falten, belebt durch Fältchen
und mit einer Fülle von reizvollen Motiven angeordnet. Gewiß kopierte man in der
neronischen Zeit auch Werke des IV. Jahrhunderts; aber wie damals die Kopie
eines Gewandes des IV. Jahrhunderts ausfiel, zeigen die Mäntel an den Papposilenen
von der Bühne, die, verglichen mit unseren Reliefs, auch einen Laien überzeugen
können, daß sie nicht gleichzeitig sind. Man bemerke, wie zart und naturgetreu das
Nackte behandelt ist; auch die schlanken Proportionen und die Flaltung aller Männer-
gestalten sind echt lysippisch. Man beachte auch noch die strenge und schöne Zeich-
nung der Palmette am Throne des Dionysos auf der vierten Platte. Wenn man die
Knoten des Pantherfells auf der rechten Schulter des stehenden Dionysos der zweiten
Platte und des tanzenden Satyrs mit denen an dem knienden Silen vergleicht, möchte
man die Hand desselben Künstlers vermuten. Daß die Figur rechts von Dionysos
ein den oxotto«; tanzender Satyr sei, hat Furtwängler (Satyr aus Pergamon löff.)
erkannt; sollte das nicht die älteste und treueste Wiederholung des Originales von
Antiphilos sein? Das wäre für die ursprüngliche Haltung des linken Armes mit dem
Pedum wichtig; es ist durch den hohen Ansatz, worauf es ruht, als frei in der Luft
gehalten charakterisiert.
Wir hatten angenommen, daß der Oberbau der Bühne 9 m hoch war, und die
Papposilene am ersten, die Satyrn am zweiten Stockwerk standen. Beide mußten
einen Sockel unter sich haben, und der mag in dem älteren Skenengebäude über die
Paraskenien hin mit unserem Relieffries geschmückt gewesen sein. In der römischen

x) Über die Abmeißelung der Figur eine falsche
Ansicht bei Matz, Annali XLII 1870, 105, und

bei Svoronos, ’E&vwcöv Moütfeiov 218 (Deutsche
Ausgabe 233).
 
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