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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 27.1912

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Frickenhaus, August: Der Schiffskarren des Dionysos in Athen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44287#0075
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A. Frickenhaus, Der Schiffskarren des Dionysos in Athen.

Für die weitere Vergleichung sind wir wegen der Zerstörung von I auf die Zeugen
II und III allein angewiesen. Bei III wird der Karren von zwei Satyrn1) ge-
zogen, die aus Raummangel bei II fehlen; hier füllte der Karren allein die eine Hälfte
der Vase, den Raum unter den Henkeln verwendete der Zeichner nur für ein paar
raumfüllende Vögel. Bei III dagegen wurde dieser Ausweg verschmäht und dafür
unter den Henkeln je eine Figur angebracht, die nicht die volle Höhe der Hauptseiten
verlangte. Das ist einerseits ein Stier, andrerseits ein gebückt laufender Knabe
oder Jüngling, der mit einem kurzen, bis an die Knie reichenden Wams (nicht
Schurz, vgl. die Doppellinie am Halse) bekleidet ist; seine Handhaltung ist rätsel-
haft, es scheint, als berühre er mit der vorgestreckten Linken die Fahne des Schiffes.
Ihm folgen eine Kanephore im langen Chiton mit umgeworfenem Mantel, die
mit beiden Händen auf dem Kopf den Opferkorb hält, und ein Jüngling im
Himation, der in der Rechten ein Thymiaterion trägt; zu ihm gehört
wohl auch der im Hintergrund gezeichnete Zweig. Endlich kommen noch zwei
Gruppen von je zwei Männern, von denen die eine durch den Stier zum Teil
verdeckt wird. Der jeweilig vorderste blickt sich um; bei zweien der Männer
sind Mantel und Zweig deutlich, bei den beiden letzten fehlt der Zweig, das
Gewand des dritten ist aus Flüchtigkeit nicht angedeutet, beim vierten wird es
anders getragen.
Vergleichen wir nun wieder III mit II, so fehlen bei II die Kanephore mit den
sie umgebenden Jünglingen, bei III die Opferpriester und der Flötenbläser, aber
die Zweigträger und der Stier kehren ähnlich wieder, wenn auch in veränderter
Anordnung. Der Grund dieser Abweichungen ist klar: der Stier bei III wurde auf
den niedrigen Platz unter dem Henkel gerückt, aber es blieb kein Raum mehr für
die zu ihm gehörigen Opferpriester, so daß der Stier allein in die Welt läuft. Offenbar
ist die Gesamtanordnung dieses Zugteiles bei II gut und echt, während der Zeichner
von III, um den Platz unter dem Henkel zu verwenden, eine Umstellung vornahm.
Verdient in dieser Beziehung der Londoner Skyphos II, der ja überhaupt viel sorg-
fältiger ist, den Vorrang, so bietet der Bologneser III ein Plus von drei Figuren,
d. h. der Kanephore mit dem Jüngling davor und dahinter; sie sind offenbar vor
den Zugteil zu rücken, der auf II durch den Stier eröffnet wird.
Die zuletzt gezogene Folgerung wird nun durch zwei Lekythen desselben
jung-schwarzfigurigen Stils bestätigt, die ihrerseits nur einen Ausschnitt unseres
Zuges geben:

*) Vgl. die spitzen Ohren und den struppigen Bart.
Bei der Flüchtigkeit der Zeichnung bleiben die
wagrechten Linien vor dem Schweinskopf un-
verständlich; sollen sie einen Schurz andeuten?
Und ist die kurze schräge Linie unter dem
Schweinskopf das Ende eines Pferdeschweifes,
dessen oberer Teil aber nicht kenntlich ist?
Daß die Satyrn den Karren ziehen, darf man

wohl aus der Kopfhaltung und Armbewegung des
rückwärtigen schließen. Übrigens sind die Satyrn
nicht gezottelt, wie Bulle (Die Silene in der arch.
Kunst der Griechen, 1893, S. 19) und ihm folgend
Kuhnert (Roschers Lexikon s. v. Satyros S. 460)
nach der Beschreibung von Brizio (vellosi) an-
nahmen.
 
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