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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 27.1912

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Frickenhaus, August: Der Schiffskarren des Dionysos in Athen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44287#0074
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A. Frickenhaus, Der Schiffskarren des Dionysos in Athen.

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durch G. Karo vermittelten Zeichnung G. Gattis, deren Herstellung die Direktion
des Museums gütigst erlaubte, bringt unsere Beilage Nr. III; das Gefäß selbst habe
ich 1909 gesehen, aber nur in der verschlossenen Vitrine. Aufgesetzte Farbe (wie
bei I und II) scheint nicht mehr zu konstatieren. Der Skyphos ist mehrfach
geflickt, einige Scherben fehlen; die jetzt fehlenden Henkel lagen über dem
Stier und hinter dem Karren über dem sich herabneigenden Jüngling. Die
Ausführung ist sehr viel geringer und flüchtiger als bei Nr. I und II, aber an
der Herkunft aus demselben Atelier, ja wohl auch von der gleichen Hand ist
nicht zu zweifeln.
Beginnen wir nun damit, unsere drei Zeugen im einzelnen zu vergleichen.
Zunächst der Karren. Er ruht auf vier Rädern, von denen nur zwei sichtbar
sind; über die Radform belehren I und II: es ist die altertümliche des Bauernkarrens,
der άμαξα (vgl. Lorimer, JHS XXIII 1903, 132 ff.). Der schiffsförmige Oberteil
ist im wesentlichen identisch wiedergegeben; der Schweinskopf1) an der Spitze,
das über ihm gemalte Auge (Nr. I; bei II und III nicht mehr vorhanden) und die
doppelten άφλαστα, an denen bei I und II noch ein Schwanenkopf angebracht ist,
sind die wichtigsten Einzelteile. Hinten am Schiff hängt ein großer Gegenstand,
und zwar bei I und II an der rechten Wagenseite, bei III an der linken; so kommt
es, daß die Verbindungslinie zwischen Kiel und άφλαστα dort verdeckt, hier sichtbar
ist. Aus der ungeschickten Zeichnung würde man kaum ersehen können, daß damit
ein Tuch (ράκος) gemeint war, aber ein rotfiguriger Stamnos in London, bei dem
es allerdings nach beiden Seiten herabhängt, beweist es unzweifelhaft2). Daß hier
am Hinterteil (und zwar später stets an einer besonderen στυλίς) eine Fahne an-
gebracht war, bezeugt Pollux I 90; irgendeine besondere Auszeichnung scheint sie
nicht zu bedeuten.
In dem Karren, der bei III aus Raummangel kürzer geworden ist als bei I
und II, sitzt nun zwischen zwei stehenden flötenspielenden nackten Satyrn der Gott
Dionysos, kenntlich an dem großen und sich über das ganze Schiff ausbreitenden
Rebzweig mit den daranhängenden Weintrauben. So gewöhnlich dies Attribut
ist, so auffällig erscheint die in der rechten Hand gehaltene Blume (I und einst wohl
auch II; bei III war der flüchtige Zeichner zu bequem, die Hand zu zeichnen).

S. Reinach, Rep. de vases peints I 522. In der
Beschreibung Brizios sind weder ζανοΰν noch
θυμιατήριον erkannt, die auf die Kanephore fol-
genden drei Männer werden als Frauen, die bei
dem Stier stehenden Männer als Satyrn
bezeichnet.
’) Er wurde von den meisten verkannt. Vgl. die
samischen ΰόπρωιροι (Torr bei Daremberg-Saglio
s. v. navis IV 35).
2) British Museum E 440 = Furtwängler-Reichhold,
Griech. Vasenmalerei Taf. 124; schon Hauser im
Hauser verzichtete

Text dazu (III 24 Anm. 2) verwies auf unsere
Skyphoi, vgl. auch unsere Abb. 2 (S. 77) und den
von Bulle in der Strena Helbigiana S. 31 publi-
zierten korinthischen Aryballos, auf dem Cecil
Torr (ebenda S. 36) dasselbe Tuch wie auf dem
Londoner Stamnos erkannte. Zur Fahne (ταινία)
bei den άφλαστα vgl. F. von Duhn, Arch. Jahrb. III
1888, 231 und Kurt Müller, Der Leichenwagen
Alexanders des Großen 51. Bisher wurde der
fragliche Gegenstand der Schiffskarrenvasen als
Geflecht oder Segel oder Schleppnetz bezeichnet;
f eine Deutung.

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