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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 27.1912

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Schröder, Bruno: Thrakische Helme
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https://doi.org/10.11588/diglit.44287#0361
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B. Schröder, Thrakische Helme.

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keiten: der schön nach oben gewölbte Kopf, die erhöhten Grate und Knöpfe für den
Helmbusch, der im scharfen Knick abgesetzte kleine Nackenschirm, die tief herab-
reichenden Wangenteile und die zwickelartige Zeichnung über dem seitlichen Ein-
schnitt. Eine Entwicklung der Formen von dem ziemlich plumpen, rein der Nützlichkeit
angepaßten Kessel zu dem eleganten, scharf akzentuierten Gebilde des Typus 4
läßt sich nicht verkennen. Die Wangenteile werden immer schmäler und feiner ge-
schwungen, der Nackenschirm knapper, die Futterstifte am Rande durch eine zier-
liche Perlenkette ersetzt. Zeitlich erstreckt sich diese Entwicklung über das 6. und
5. Jahrhundert. Eine gemeinsame Heimat dieser verbreiteten Form, deren ver-
schiedene Vertreter durchaus nicht miteinander verwandt zu sein brauchen, ist nicht
festzustellen. Wohl aber ist bemerkenswert, daß sich auf makedonischem Gebiete,
in der BronzestatuetteStais, Guide I, 256 und den Münzen eine geschlossene Entwick-
lung verfolgen läßt und daß Exemplare der Form 4 so massenhaft gerade im Norden
der Balkanhalbinsel zu Tage gekommen sind. Wenn also auf dem Ruveser Krater
diese Form neben Helmen auftritt, die wir von thrakischen Mützen ableiten, so
erscheint der Schluß geboten, daß der Helm mit dem freien Gesichtsausschnitt auch
im Norden der Balkanhalbinsel heimisch gewesen ist.
6.
Haben wir also den Ursprung all dieser Helme im Norden, zumal in Thrakien
gefunden, so ergibt sich daraus eine bedeutsame Folgerung für die griechische Kunst-
geschichte. Wir haben das erste Vorkommen der thrakischen Helmformen auf Vasen
festgestellt, die von der Malerei des Mikon abhängig zu denken sind. Wir glauben auch
die Vasen, die den »sicher Mikonischen« Vasen im Stil gleichen, auf Vorbilder aus dem
Kreise dieses Meisters zurückführen zu müssen und finden in ihnen einen Gegensatz zu den
»schönen« Vasen, die den Stil des Polygnot, des jüngeren Meisters, nachahmen. Es
wurde ferner bemerkt, daß die massenhaften Nachbildungen der Helmformen auf
den Werken der bildenden Kunst in keinem Verhältnis zu der geringen Anzahl erhal-
tener Originale stehen. Man möchte daher annehmen, daß die große Malerei mehr als
die Wirklichkeit den Vasenmalern die auffällige Vorliebe für diese ungriechische
Form geliefert hat. Wenn nun auch auf den Polygnotischen Vasen sich diese Vorliebe
bemerkbar macht und wir hier an die nordgriechische Heimat des Meisters erinnern
dürfen, so gilt dasselbe vonMikon. Wir wissen nichts Genaues über seine Heimat; daß
er geborener Athener war, ist aus der inschriftlichen Bezeichnung Αθηναίος (I. G. A. 498)
nicht mit Sicherheit zu erschließen; der Name seines Vaters Phanomachos ist in Athen
häufig, kann aber auch anderswo vorkommen und beweist nicht die von Studniczka
(Arch. Jahrb. XXVI 1911, 162) so stark betonte athenische Heimat des Künstlers. Daß er
Ionier war, hatmanlängst geglaubt annehmen zu dürfen (Fraenkel, Arch. Zeitung 1876,
227; Loewy, Künstlerinschriften, 41; Μ. Heinemann, Die landschaftlichen Elemente,
96). Wenn nun in der Vasenmalerei, die von Mikons Kunst abhängt, zuerst und
mit Vorliebe thrakische Helmformen angewandt sind, so darf man wohl fragen,
ob nicht der Künstler diese Vorliebe aus Thrakien mitgebracht habe. Die Fund-
 
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