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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 30.1915

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Drexel, Friedrich: Über den Silberkessel von Gundestrup
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https://doi.org/10.11588/diglit.44516#0047
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Fr. Drexel, Über den Silberkessel von Gundestrup.

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der Kesselbilder gelten durften T). Wulff a. a. 0. legte ihre stilistische Verwandt-
schaft mit den Bildern der etwa derselben Zeit angehörigen Spangenhelmc dar.
Μ. Much 2) stellte die Gürtelschnallen und verwandten Beschläge des frühen Mittel-
alters mit dem Bilde eines von zwei Tieren flankierten Mannes zusammen, das schließ-
lich als »Daniel in der Löwengrube« ins Christliche umgebogen wird, und führte es
auf den Typus des tierbändigenden Gottes, wie er ganz rein nur auf dem Gundestruper
Kessel erscheint, zurück. Die Goldhörner von Gallchus wurden zum Vergleiche
herangezogen 3); man verwies auf den dreiköpfigen und den gehörnten Gott als
keltische, auf den einen Fisch verzehrenden Vogel, das Münzbild von Sinope, und
den Kentauren als südliche Motive neben den nordischen Elementen und erkannte
damit die gleiche Mischung von Motiven verschiedener Herkunft wie auf dem Kessel.
Wulff hat in dem angeführten Aufsatz weiter auf die Verwandtschaft mit den nor-
dischen Goldbrakteaten 4) aufmerksam gemacht und die oben S. 21 bereits charakteri-
sierte Bildung des Gesichts als gemeingermanisch hingestellt. Wer die nordischen
Funde überblickt, wird hier noch viel Material beibringen können. Die Tierbildung
des Kessels lebt z. B. fort in den Tieren eines der Kaiserzcit angehörigen, aber einer
Werkstatt des freien Germaniens entstammenden silberblechbelegten Bronzebügels
aus dem Torsberger Moor 5). Wie sind alle diese Erscheinungen zu erklären, wenn
der Kessel so viel älter ist ?
Man hat seit langem die Bedeutung erkannt, welche die meixhellenischen
Goldschmiedewerkstätten am Pontus für die Entstehung des frühmittelalterlichen
Kunsthandwerks gehabt haben 6). Lange vor der eigentlichen Völkerwanderungszeit
sind eine ganze Reihe ihrer Erscheinungen in Ansätzen oder schon ausgebildet am
Pontus festzustellen, so die wichtige Technik der Almandineinlage 7). Altgriechische
und orientalische Motive, deren Wiederauftreten im frühen Mittelalter nach langem
Verschollensein überrascht, haben dort an der Grenze von Orient und Okzident
geschlummert. Alle diese Elemente wurden frei, als mit dem Untergang der römischen
Herrschaft auch die Gewalt der griechisch-römischen Reichskunst gebrochen war.
Im Gefolge der siegreichen Stämme ergossen sic sich über das nördliche Europa,
um sich dort in mannigfacher Mischung mit den Kunstäußerungen der bisherigen
Herren des Landes zu entfalten. Eines dieser Elemente ist denn auch die Kunst-
weise, der unsere Untersuchung galt, sie lebt in allen den oben zusammengestellten
Denkmälern fort. Entwicklungsgeschichtlich steht also der Kessel von Gundestrup

T) Schumacher, Germanenkatalog 3 (s. S. 2 Anm. i)
Nr. 47. 47 a und Ph. 31. Möntelius, Kulturgesch.
Schwedens S. 232.
2) Mitt, der k. k. Zentralkommission 1898 S. 133 ff.
Viel weiteres Material bei Besson, L’art barbare
dans l’ancien diocese de Lausanne (Lausanne
1909) S.64 ff.
3) S. Müller, Nordische Altertumskunde II S. 151 ff.
4) Salin, Antikvarisk Tidskrift för Sverige XIV 2.
Ders., Altgerm. Tierornamentik S. 216 ff. Auch
Festschrift für 0. Möntelius

die eigentümliche Nackenlocke der Männer des
Kessels kehrt auf den Brakteaten wieder.
5) Mestorf, Vorgesch. Altertümer aus Schleswig-
Holstein Taf. LIII Nr. 667.
6) Hampel, Der Goldfund von Nagy-Szent-Miklos
S. 127 ff. S. Reinach in den S. 2 Anm. 5 aufgeführ-
ten Schriften. Clemen, Bonner Jahrb. 92> 1892
S. 6 ff. Salin, Altgermanische Tierornamentik
S. 12 ff. 41 ff.
Ebert, Prähist. Zeitschr. I 1909 S. 65 ff. Ders.,
1913 S. 271 ff.

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