Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI (40.1925(1926))

DER STERBENDE NIOBIDE DER FLORENTINER GRUPPE
Die Fülle mit einander verflochtener Fragen, die sich an die Florentiner Niobiden-
gruppe und ihr Vorbild knüpfen, kann ihrer Lösung nur schrittweise nähergebracht
werden T). Das Ziel wird freilich, wenn überhaupt je, so nur mit Hilfe aufschluß-
reicher Neufunde erreicht werden können; aber diese Einsicht enthebt uns nicht der
Notwendigkeit, den Boden dafür besser zu bereiten, als es bisher geschehen ist.


Abb. i. Niobide in Florenz.

Eine Grundfrage lautet: waren die erhaltenen Kopien ebenso aufgestellt wie das
Original — wobei auch noch zwischen der ursprünglichen Aufstellung im Osten und
der späteren in Rom zu scheiden ist — oder muß mit veränderter Aufstellung der
Kopien zu anderen, mehr dekorativen Zwecken gerechnet werden 2) ? In letzterem
Falle wären auch Anpassungen solcher Gestalten, die das wünschenswert erscheinen
ließen, an die neue Aufstellungsweise nicht ausgeschlossen und selbst die Überein-
stimmung mehrerer Wiederholungen böte keine Gewähr dafür, daß Derartiges nicht
geschehen sei. Man kann sich den Vorgang in der Weise denken, daß der Leiter einer
großen Kopistenwerkstatt fand, die Niobidengruppe lasse sich leicht für eine groß-
artige Parkdekoration verwenden — ein Zweck, der für das Original nur bei einem
den ernstesten Einwänden ausgesetzten Spätansatz in Frage käme. Eine solche An-

*) Neuere Hauptliteratur: Amelung, Führer durch
d. Antiken in Florenz 115 ff.; Sieveking und
Buschor, Lippold, Buschor, Münchn. Jahrbuch
d. bild. Kunst 1912 II—1914/15 III; Rodenwaldt,

R. Μ. 34, 1919, 53 ff.; Lippold, Kopien
171 f. u. ö. (Index); Winter, J. d. I. 38/39,
1923/24, 49 ff-
2) Vgl. Buschor a. 0.196!.