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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 40.1925(1926)

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Krahmer, Gerhard: Eine Ehrung für Mithradates VI. Eupator in Pergamon
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https://doi.org/10.11588/diglit.44818#0203
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EINE EHRUNG FÜR MITHRADATES VI. EUPATOR
IN PERGAMON
Mit Tafel 9
Die gefesselte Kraft eines gewaltigen, auf Zeus Befehl an den Felsen ge-
schmiedeten Titanen vermag man schwerlich in dem Prometheus der pergameni-
schen Reliefgruppe zu erkennen (Abb. i; Pergamon λ II Taf. 37, Nr. 168, Text 2,
175 ff.) i). Matt und müde scheint seine Haltung. Die schlaffen Bewegungen der
Extremitäten verraten nichts von dem Kampf gegen die Fesseln und der Qual, die
der Biß des Adlers bringt. Ebenso ausdruckslos ist die Bewegung der anderen, den
Herakles darstellenden Figur (Abb. 2). Wenig erkennt man in seinem schwäch-
lichen Auftreten von dem gewaltigen Sohn des Zeus. Ganz anders weiß diesen
Vorgang der Künstler des Reliefs im Thermenmuseum* 2) darzustellen (Abb. 3),
dessen Werk auch im stark verstümmelten Zustande durch die heftige Bewegung
der krampfhaft gespannten Beine, das ruckartige Heben des rechten Oberschenkels
uns eindringlich und glaubhaft einen durch Fessel und Leiden nicht gebrochenen
menschlichen Willen schildert. Aus einer lebendigen Vorstellung ist die Gestalt
geschaffen, während den Figuren des pergamenischen Reliefs die Bewegungen an-
scheinend gegeben wurden, weil das Thema eben Bewegungen verlangte.
Genau so verhalten sich die Darstellungen in der Einzelausführung zueinander.
Beide Künstler waren gute Kenner der Anatomie, aber während die Muskeln der
Figur des Thermenmuseums unter der Vorstellung des Vorganges eine verschieden
starke Betonung erfahren und die verzweifelte Anstrengung so bis ins einzelne
hinein erfaßt und durch die Anspannung der sich scharf voneinander absetzenden
Teile das für den Vorwurf Wesentliche hervorgehoben ist, wird der Körper des
pergamenischen Prometheus von der Muskulatur wie von einem ornamentalen
Netz überzogen, ohne daß die einzelnen Muskeln eine verschiedene Bewertung er-
hielten oder durch sie die Energie der Bewegung gesteigert würde. Das Stück des
Thermenmuseums ist mit Recht in die Nähe des Laokoon gerückt worden 3). Auch
bei ihm haben wir dieselbe Art der Muskeldarstellung wie am Relief des Thermen-
museums. Die Muskeln, die unter genauester Kenntnis der Anatomie gearbeitet
sind, setzen sich scharf voneinander ab und bedeuten trotz der minutiösen Einzel-
ausführung, da sie nicht, wie zum Beispiel beim borghesischen Fechter, einander
gleichwertig behandelt sind, sondern auf Grund des für das Thema Wesentlichen
eine unterschiedliche Behandlung und Betonung erfahren, eine wirkliche Gliederung
des Körpers im organischen Sinne. Das fehlt aber völlig bei dem pergamenischen

T) Milchhoefer, 42. Berl. Winckelm. Prgr. 1882;
Wickhoff, Wiener Gen. 61 Anm., ihm wider-
spricht mit guten Gründen F. Studniczka,
Zeitschr. f. bild. Kunst 1903, 181 Anm. 2; Karl
Jahrbuch des archäolog-isehen Instituts ΧΧΧΧ 1925

Lehmann-Hartleben, Trajanssäule 140.
2) Schreiber, hellenist. Reliefb. Taf. 29; A. Schober
Wien. Jahrb. f. Kunstgesch. 2 (16), 1923, 38.
3) Helbig-Amelung II 1394.
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