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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 40.1925(1926)

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Rumpf, Andreas: Die Datierung der Parthenongiebel
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https://doi.org/10.11588/diglit.44818#0043
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DIE DATIERUNG DER PARTHENONGIEBEL

Seit etwa einem Menschenalter ist es in der Archäologie kaum noch üblich, mit den
Parthenongiebeln den Namen des Pheidias zu verbinden *). Damit steht die größte
Schöpfung aus der Blüte der attischen Kunst, deren Trümmer uns geblieben sind,
namenlos in der Kunstgeschichte. Doch über die Zeit ihrer Entstehung glaubte man
im klaren zu sein. Es galt als ein seltenes Glück für unsere, an festen Daten so arme,
Wissenschaft, daß gerade für die Giebelgruppen auf Bruchstücken der Parthenon-
rechnungen aus den Jahren 438—33 Erwähnungen der an die άγαλματοποιοί έναιετίων
verausgabten Beträge erhalten sind. Seit Jahresfrist rüttelt die Kritik an diesem
einzigen festen Datum, das wir für die attische Kunst zwischen der Aufstellung der
Tyrannenmörder 477/62) und dem verstümmelten Urkundenrelief von 428/7 3) besaßen.
Hans Schrader hat in seinem Phidias S. 220, gestützt auf einen Satz von Adolf
Michaelis 4), gefordert, daß die Modelle der Giebelskulpturen etwa 442 bis in alle
Einzelheiten fertiggestellt gewesen seien. Ludwig Curtius hat in seiner Rezension
von Schraders Werk (Gnomon 1, 1925, 3 ff.) ganz im Gegensatz dazu die Gruppen
erheblich später gerückt; wenn ich ihn recht verstehe, in die Zeit nach den Erech-
theionkoren, die er 420—10 ansetzt. Die Spannung zwischen beiden Vorschlägen
beträgt somit etwa ein Menschenalter. Das ist in dieser wichtigen Epoche recht
viel. Bei der zentralen Bedeutung, die gerade die Parthenongiebel für die attische,
und damit für die griechische, Plastik besitzen, kann man an solchem Zwiespalt nicht
achtlos vorübergehen.
Prüfen wir zunächst den früheren Zeitansatz, den Curtius bestritten, aber nicht
widerlegt hat. Die »nach festem Plan in den Giebelboden eingesenkten« eisernen
Balken sollen nach Michaelis (und Wolters) ergeben, daß die »Komposition (im großen)
schon vor der Vollendung des Baues festgestellt war«; nach Schrader, daß die Modelle
442 bis ins einzelne festgelegt waren. Die Fertigstellung der Modelle hätte nur dann
einen Zweck gehabt, wenn Iktinos aus ihnen das Volumen der Statuen hätte ent-
nehmen wollen, mit Kenntnis des spezifischen Gewichtes des pentelischen Marmors

Gegen Pheidias zuerst entschieden Puchstein im
J. d. I. 5, 1890, 79 ff. Auch das verbreitetste
deutsche Handbuch, Springer, Die Kunst des
Altertums, lehnt in der letzten von Michaelis
besorgten Auflage (9. Aufl. S. 257) Pheidias als
Urheber der Giebel unumwunden ab. Hingegen
betont Wolters in seiner Bearbeitung (10. Aufl.
S. 278, 11. Aufl. S. 264, 12. Aufl. S. 279) aus-
drücklich die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit

des Anteils von Pheidias an den Giebelgruppen.
2) Marmor Parium 54.
3) Le Bas-Reinach, Voyage arch^olog. Taf. 34,
I. G. I2 57, Kern, Inscr. Graec. Taf. 15, Svoronos,
Athener Nationalmus. Taf. 205.
4) Springer-Michaelis, Handbuch 1 9 253. Wolters
in den von ihm besorgten Auflagen (10: 274, 11:
260, 12: 274) schränkt die Behauptung ein. Statt
»festgestellt« setzt er »im großen festgestellt«.
 
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