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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 40.1925(1926)

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Rumpf, Andreas: Die Datierung der Parthenongiebel
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https://doi.org/10.11588/diglit.44818#0044
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ßO Andreas Rumpf

die Schwere der fertigen Stücke errechnet hätte, und, auf diese Berechnungen ge-
stützt, Stärke, Anzahl und Verteilung der Eisenbarren bestimmt hätte. Ob eine solche
Berechnung zweihundert Jahre vor Archimedes möglich ist, weiß ich nicht. Dank
den Untersuchungen von William Bell Dinsmoor (A. J. A. 1922, 148 ff.) wissen wir
aber, wie es um die Kenntnisse auf dem Gebiete der Statik bei den attischen Bau-
meistern des 5. Jahrhunderts bestellt war. Mnesikles hat bei Konstruktion der Pro-
pyläendecke die Marmorbalken des Epistyls, die einer weit größeren Belastung
standgehalten hätten, durch Träger aus Schmiedeeisen »entlastet«, die für den tat-
sächlichen Druck nicht entfernt ausreichten. Das zwingt zu dem Schluß, daß die
damaligen Architekten, was die statischen Eigenschaften des Marmors wie des Eisens
betrifft, kaum über auf empirischem Wege erworbene Kenntnisse verfügten, ge-
schweige denn, daß sie die Tragfähigkeit zu berechnen imstande waren. Solche
»Entlastungen« sind, wie Dinsmoor treffend darlegt, rein gefühlsmäßig vorgenommen.
Sie dienen mehr der Beruhigung des Architekten als der Sicherung des Baues. Um
solche Vorkehrungen am Giebel zu treffen, bedurfte Iktinos wahrhaftig nicht genauer
Tonmodelle, an Hand derer er das Gewicht der Statuen kaum besser abschätzen
konnte als auf Grund einer summarischen Skizze. Die Erfahrung bei Giebeln mit
Skulpturenschmuck lehrte, daß die Eckfiguren, die durch den Zwang des Rahmens
kleiner gebildet, also leichter, waren, liegen oder hocken mußten. Ihre Stand-
fläche erstreckt sich am Parthenon über je drei aneinandergrenzende Blöcke des
wagerechten Geison. Ihre Last verteilt sich dementsprechend. Eine Verstärkung
des Marmors durch Eisen wurde hier also nicht für erforderlich gehalten. Anders
bei den Mittelgruppen. Liier handelt es sich um die größten, demnach schwersten
Figuren, die aufrecht, mit nur kleiner Standfläche, auf ein oder zwei Blöcken lasten.
Diese Erwägungen haben für jeden Giebel Gültigkeit, ganz gleich, ob die Einzel-
heiten des Skulpturenschmuckes dem Architekten zur Prüfung vorlagen oder nicht.
Jedoch solch allgemeine Betrachtungen haben keine Beweiskraft. Wir müssen
vielmehr das am Parthenon angewendete Verfahren prüfen. Schrader meint, man
habe die Barren, deren Bettungen nicht bis zur Vorderkante des Geison reichten,
unmöglich in den fertigen Bau einführen können. Daß dies doch möglich ist, lehrt
ein Blick auf den Schnitt bei Dinsmoor im A. J. A. 1922, 157 Abb. 5. Auch die
Bettungen für die Barren konnten am fertigen Bau in die Oberfläche des Giebel-
bodens eingemeißelt werden. Anders steht es nur mit den Ausklinkungen an der
Unterfläche der Tympanonblöcke, in die die Barren geschoben werden mußten.
Sie mußten natürlich angebracht sein, als die Giebelrückwand versetzt wurde. Nehmen
sie auf die Verteilung der Figuren Rücksicht, so müssen wir, trotz allen bisherigen
Erörterungen, Schrader vorbehaltlos zustimmen. Wie steht es in der Tat mit ihnen?
Im Ostgiebel sind sämtliche Tympanonblöcke verloren, und auch von den
Figuren der Mittelgruppe ist uns keine, nicht einmal in den Zeichnungen von 1674,
erhalten. Wir müssen also die Untersuchung auf den Westgiebel beschränken. Die
durch Bruno Sauer angefertigten Aufnahmen der Reste T) lehren uns, daß an den

T) A. Μ. 16, 1891, 59 ff., Taf. 3, Ant. Dkm. I Taf. 58 A—C, S. 48.
 
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