Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 40.1925(1926)

DOI Artikel:
Malten, Ludolf: Bellerophontes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44818#0136
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
122

Ludolf Malten

feuern des lykischen Yanartasch oder des lemnischen Mosychlos; daneben hat er
altbezeugte Existenz in Athen. Hier hat also der Weg von Osten nach Westen ge-
führt, und es ist damit zu rechnen, daß diese Verbreitung in vorgriechischer
Zeit stattgefunden hat *). Wenn Leto-lada in Lykien wurzelt und ebenso auf dem später
hellenischen Festlande alt ist, so ist die prinzipielle Frage eine offene, wie hier die Zusam-
menhänge zu werten sind; aus einer präsumptiven Annahme heraus eine Wanderung
West-Ost zu postulieren, scheint eine vorzeitige Einschränkung der Möglichkeiten* * 3 4 *).
Seit 2000 oder wenig früher dringen von Norden indogermanische Einwanderer
den Balkan hinunter und machen seit etwa 1600 Stätten ihrer Vorgänger wie Mykene
und Tiryns zu dem, was sie heut uns repräsentieren. Sitze vorgriechischer Gründer
werden zu Burgen hellenischer Herren, ausgebaut nach nordischen Prinzipien, wenn
auch unter stärkstem kretischen Einfluß. Dies illustriert und die Forschung im
entscheidenden Augenblick richtig gewiesen zu haben, ist ein nicht geringes Ver-
dienst Rodenwaldtsß). Für die Sagenforschung bedeutet es, daß Gestalten wie
der homerische Agamemnon ihrer Substanz nach 4) der Zeit vom 16. Jahrhundert
an entstammen; in den vorangehenden Zeiten der Wanderung sind sie schwer vor-
stellbar, repräsentieren vielmehr den Zustand der getürmten Burgen und der aus-
greifenden Energie, der um 1400 Kreta erliegt5). Dazu stimmt die kürzlich vor-
getragene wichtige Beobachtung von Μ. P. Nilsson, daß die großen griechischen
Sagenkomplexe an Stätten ursprünglich mykenischer Kultur wurzeln6).
Wird nun eine Untersuchung innerhalb dieser Schicht mit wesentlich helle-
nischen Voraussetzungen und Schöpfungen rechnen dürfen (und der überwiegende
Teil der Heldensage gehört ihr an), so wirft ein Name oder Komplex aus der vor-
griechisch-kleinasiatischen Schicht leicht die Frage auf nach etwaigen weiteren Be-
ziehungen zum ferneren Osten. Auf diese Problemstellung muß sich heut auch
der griechische Sagenforscher einstellen; es gibt Komplexe, die in das Griechische
hineinragen, zunächst von Kleinasien aus, die aber in ihren letzten Motiven an
Konzeptionen des Orients hangen. Ein erstes solcher Beispiele bilde den Gegen-
stand dieser Untersuchung.
Bellerophontes, in seinen ersten Bezeugungen im Z der Ilias uns in Lykien
begegnend, konnte in einem früheren Stadium der Forschung um so eher für einen
Hellenen gehalten werden, als sein Stemma, das der lykischen Fürsten, im Z aus
der Argolis hergeleitet wird. Der zweite Bestandteil des Namens schien auch den

J In dieser Richtung auch B. Schweitzer, Herakles
1922, 33 f.
4) Dieses Grundsätzliche möchte ich betonen gegen-
über den Ausführungen von E. Bethe, Άντίδωρον,
Festschr. für J. Wackernagel 1924, 21.
3) A. Μ. 37, 1912, 137, Tiryns II 1912, 202 ff.,
Der Fries des Megaron von Mykene 1921, 46 ff.
4) Dies ist nicht notwendig identisch mit dem Namen.
v.Wilamowitz, Sitz. Berl.Akad. 1925, 242 (Helden-
sage II) sieht in Perseus den ursprünglichen

Herrn von Mykene, während Agamemnon aus
Lesbos und Kyme erst durch das Epos in das
Mutterland gelangt sei. Die Namen auf -ευς
verlangen besondere Aufmerksamkeit, da sich
öfters Vorgriechen (Tydeus u. a.) darunter finden.
5) Zuletzt kurz und klar zusammenfassend U. Wil-
cken, Griech. Geschichte 1924, 27 f.
6) Άντίδωρον a. a. 0. 137 ff. und im Lehrbuch der
Religionsgeschichte von Bertholet-Lehmann 4
1924, 3*3-
 
Annotationen