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4. Die Charakteristika der lebenden Bilder -
Eine Analyse

Für eine detaillierte Untersuchung des Phänomens »lebendes Bild« bietet sich die Einteilung
nach den zwei klassischen Kriterien an: nach formalen Gesichtspunkten - durch die Analyse
der außerbildlichen und innerbildlichen Bezüge - und nach inhaltlichen Merkmalen - durch
die Analyse der Bilder nach Epochen, Maler, Gattungen und Themen. Mit den Quellen liegen
sehr unterschiedliche Äußerungsformen vor:1 In der Mehrzahl haben wir es mit feuilletoni-
stischer Kunstkritik zu tun, deren Verfasser in der Regel ungenannt bleiben und die tenden-
ziell versucht, einen »objektiven«, faktenbezogenen Blick auf das jeweilige Ereignis zu ge-
ben, obwohl auch hier nicht selten unreflektiert und unqualifiziert argumentiert wird. Tageszei-
tungen berichten über lokale Geschehnisse meist ausführlicher, Wochen- oder gar Monatszeit-
schriften bieten naturgemäß einen zusammenfassenden Überblick. Daneben geben persönli-
che Schriftzeugnisse von beteiligten Personen - Briefe, Memoiren, Tagebucheintragungen
oder Reisenotizen - einen unmittelbareren, »subjektiveren«, auch emotionaleren Eindruck
von dem Ereignis. Einen ganz anderen Charakter tragen die Quellen »fiktiver« Art, die we-
sentlich narrativer, ausführlicher und meist stärker wertend das Phänomen in einem Handlungs-
zusammenhang auslegen. Dazu müssen vor allem Erzählungen und Romane gerechnet wer-
den, die Tableaux als literarisches, beziehungsweise darstellerisches Mittel einsetzen. Bei der
jeweils punktuell vorgehenden Analyse wird es nicht immer möglich sein, die Unterschiedlich-
keit der Quellen im Einzelnen zu charakterisieren, die teilweise ein großes Gefälle zwischen
Fakten und Affekten aufweisen.2

Da es unter den Tableaux-Vorführungen kein »Paradebeispiel« gibt, das alle Merkmale nennt, wur-
de auf eine exemplarische Auswertung einer Aufführung verzichtet. Nur durch die Zerlegung der
einzelnen Ereignisse in verschiedene Gesichtspunkte, also die Zusammenziehung von Detail-
informationen aus verschiedenen Quellen, läßt sich das Phänomen umfassend analysieren. Künst-
liche Trennungen lassen sich für diese Detailbetrachtungen oft nicht vermeiden, doch bietet der
Katalog immer den Gesamtkontext der jeweiligen Quelle.

Durch den Überblickscharakter dieser Arbeit lassen sich nicht alle Nuancen der Quellen berücksichti-
gen. Die Gefahr einer Verallgemeinerung ist mir bewußt. Zur Problematisierung der Auswertung
von Quellen im kunsthistorischen Zusammenhang, vgl. Bätschmann 1984, S.100-101. Zu den
verschiedenen Arten von deskriptiven Wörtern - Ursachenwörter, Vergleichswörter, Wirkungswörter
- und der Veränderung unserer Sprache bei Bildbeschreibungen durch die Verfügbarkeit der Bilder,
vgl. Baxandall 1990, S.30-36.

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