tüden und lebenden Bilder« führte.2 Aufgrund der Heterogenität des Publikums traf dies of-
fensichtlich schon bei den frühen öffentlichen Aufführungen zu. Die inhaltliche Auswahl blieb
erstaunlich beliebig. Mit ihnen ein »kurzlebiges« Museum zusammenzustellen, eine Themen-
Ausstellung, die nach kurzem Betrachten wieder verschwand, wurde nicht angestrebt.
Eine Programmbildung läßt sich naturgemäß bei den öffentlichen, religiösen Vorführungen
feststellen, die in München, Pest und Straßburg stattfanden.3 Stets wurden nur die Maler -
wie Rubens, Raffael, Poussin, van der Werff, Reni, Correggio oder »mittelalterliche Meister«
- genannt, jedoch kein einziges Mal eine bestimmte Komposition oder ein Sujet. Ziel war es,
das Thema »Leben undLeiden Christi« (Kat.Mün.1814; Kat.Mün.1815) umfassend darzustel-
len, Anlaß - zumindest in München - war die Fastenzeit. Das Progamm folgte damit den
gängigen christlichen ikonographischen Mustern, mußte nicht mehr eigens im Detail genannt
werden und bestimmte eine einheitliche Bildfolge.
Bei der aufwendigen Vorführung während des Wiener KoNGRESses, wo drei Darstellungen
von je fünf gleichzeitig gezeigten Bildern auf der eigens konstruierten Tableau-Bühne der
hohen Gesellschaft präsentiert wurden, schien auf den ersten Blick ebenfalls das »Beschauen
dieser mannichfaltigen Gemälde« vorrangig gewesen zu sein (Kat.Wie.l814/3.Q.2). Lebruns
»Familie des Darius« (Abb.39), Renis »Nähschule« (Abb.30) und Petters »Begegnung Maxi-
milians I. mit Maria von Burgund in Gent« (Abb.40) bildeten die drei Hauptgemälde, alle drei
vielfigurige Historienbilder. Die je vier Nebengemälde zeigten ein- bis dreifigurige Anlagen,
die sich vor allem der Portrait- und Genredarstellung widmeten. Die Spannweite insgesamt
war sehr groß: Portrait, Genre, Historie von italienischen, französischen, niederländischen
und österreichischen Malern des 16. bis 18. Jahrhunderts. Außergewöhnlich bei dieser Auf-
führung war der hohe Anteil an Portraits und an - für die Aufführung lebender Bilder - eher
ungewöhnlichen Malern. Anstelle der großen Meister wie Raffael oder Poussin sah man Kom-
positionen von Lebrun, van Dyck, Guercino, Feti, Reni, Holbein, Tizian, Petter, Rembrandt,
Rubens und Mignard. Doch neben diesem hohen Grad an Mannigfaltigkeit ist auch eine
übergreifende thematische Stimmung zu erkennen: Friedliche Themen - im Sinne des inter-
nationalen Kongresses - bestimmten die Bilder. »Die Familie des Darius« symbolisierte die
Gnade des Siegers gegenüber den Angehörigen des Verlierers: Alexander, der seinen Widersa-
cher Darius geschlagen hatte, empfängt dessen Familie mit offenen Armen. Diese hatte sich
in ihr Schicksal ergeben und erwartete in demütiger Geste das Schlimmste, das jedoch nicht
eintrat. Das Bild »Die Mädchenjahre der Jungfrau Maria« zeigt friedliche, christliche Häus-
lichkeit verbunden mit Fleiß: Auch unter dem Titel »Die Nähschule« bekannt, vermittelt die-
se Szene, die den religiösen Inhalt weitgehend ignoriert, Anmut verbunden mit Fleiß in einem
von der Außenwelt abgeschirmten Innenraum. Das romantische Gemälde »Die Begegnung
Maximilians mit Maria« steht für die weitsichtige Völkerpolitik, die von Liebe getragen ist:
Der Habsburger Maximilian I. wurde 1477 mit Maria, der Erbin des mächtigen Herzogtums
Burgund, vermählt. Diese Heirat bedeutete einen immensen Machtgewinn für das österrei-
chische Haus, doch kam positiv hinzu, daß es sich nicht nur um eine reine Vernunft - sondern
auch um eine Liebeshochzeit handelte, wie das Gemälde Petters vor allem durch Haltung und
Blickkontakt der Personen betont. Die Nebenbilder begleiteten relativ neutral die zentralen
Tableaux. Einige Portraits berühmter Meister waren darunter, die Zauberin Circe, der Sänger
Ossian, die Muse der Geschichte »Clio« und Genreszenen. Diese vermittelten gesellschaftliche
Werte wie Fleiß mit dem Bild »Adam und Eva bei der Arbeit«, musische Kunst und Erholung
mit der »Gitarre spielenden Frau« und Finanzkraft mit der »Mitgift des Juden«. Neben die
2 Siehe Miller 1972, S.114.
3 Vgl. Kat.Mün.1814; Kat.Mün.1815; Kat.Pes.1815; Kat.Str.1816.
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fensichtlich schon bei den frühen öffentlichen Aufführungen zu. Die inhaltliche Auswahl blieb
erstaunlich beliebig. Mit ihnen ein »kurzlebiges« Museum zusammenzustellen, eine Themen-
Ausstellung, die nach kurzem Betrachten wieder verschwand, wurde nicht angestrebt.
Eine Programmbildung läßt sich naturgemäß bei den öffentlichen, religiösen Vorführungen
feststellen, die in München, Pest und Straßburg stattfanden.3 Stets wurden nur die Maler -
wie Rubens, Raffael, Poussin, van der Werff, Reni, Correggio oder »mittelalterliche Meister«
- genannt, jedoch kein einziges Mal eine bestimmte Komposition oder ein Sujet. Ziel war es,
das Thema »Leben undLeiden Christi« (Kat.Mün.1814; Kat.Mün.1815) umfassend darzustel-
len, Anlaß - zumindest in München - war die Fastenzeit. Das Progamm folgte damit den
gängigen christlichen ikonographischen Mustern, mußte nicht mehr eigens im Detail genannt
werden und bestimmte eine einheitliche Bildfolge.
Bei der aufwendigen Vorführung während des Wiener KoNGRESses, wo drei Darstellungen
von je fünf gleichzeitig gezeigten Bildern auf der eigens konstruierten Tableau-Bühne der
hohen Gesellschaft präsentiert wurden, schien auf den ersten Blick ebenfalls das »Beschauen
dieser mannichfaltigen Gemälde« vorrangig gewesen zu sein (Kat.Wie.l814/3.Q.2). Lebruns
»Familie des Darius« (Abb.39), Renis »Nähschule« (Abb.30) und Petters »Begegnung Maxi-
milians I. mit Maria von Burgund in Gent« (Abb.40) bildeten die drei Hauptgemälde, alle drei
vielfigurige Historienbilder. Die je vier Nebengemälde zeigten ein- bis dreifigurige Anlagen,
die sich vor allem der Portrait- und Genredarstellung widmeten. Die Spannweite insgesamt
war sehr groß: Portrait, Genre, Historie von italienischen, französischen, niederländischen
und österreichischen Malern des 16. bis 18. Jahrhunderts. Außergewöhnlich bei dieser Auf-
führung war der hohe Anteil an Portraits und an - für die Aufführung lebender Bilder - eher
ungewöhnlichen Malern. Anstelle der großen Meister wie Raffael oder Poussin sah man Kom-
positionen von Lebrun, van Dyck, Guercino, Feti, Reni, Holbein, Tizian, Petter, Rembrandt,
Rubens und Mignard. Doch neben diesem hohen Grad an Mannigfaltigkeit ist auch eine
übergreifende thematische Stimmung zu erkennen: Friedliche Themen - im Sinne des inter-
nationalen Kongresses - bestimmten die Bilder. »Die Familie des Darius« symbolisierte die
Gnade des Siegers gegenüber den Angehörigen des Verlierers: Alexander, der seinen Widersa-
cher Darius geschlagen hatte, empfängt dessen Familie mit offenen Armen. Diese hatte sich
in ihr Schicksal ergeben und erwartete in demütiger Geste das Schlimmste, das jedoch nicht
eintrat. Das Bild »Die Mädchenjahre der Jungfrau Maria« zeigt friedliche, christliche Häus-
lichkeit verbunden mit Fleiß: Auch unter dem Titel »Die Nähschule« bekannt, vermittelt die-
se Szene, die den religiösen Inhalt weitgehend ignoriert, Anmut verbunden mit Fleiß in einem
von der Außenwelt abgeschirmten Innenraum. Das romantische Gemälde »Die Begegnung
Maximilians mit Maria« steht für die weitsichtige Völkerpolitik, die von Liebe getragen ist:
Der Habsburger Maximilian I. wurde 1477 mit Maria, der Erbin des mächtigen Herzogtums
Burgund, vermählt. Diese Heirat bedeutete einen immensen Machtgewinn für das österrei-
chische Haus, doch kam positiv hinzu, daß es sich nicht nur um eine reine Vernunft - sondern
auch um eine Liebeshochzeit handelte, wie das Gemälde Petters vor allem durch Haltung und
Blickkontakt der Personen betont. Die Nebenbilder begleiteten relativ neutral die zentralen
Tableaux. Einige Portraits berühmter Meister waren darunter, die Zauberin Circe, der Sänger
Ossian, die Muse der Geschichte »Clio« und Genreszenen. Diese vermittelten gesellschaftliche
Werte wie Fleiß mit dem Bild »Adam und Eva bei der Arbeit«, musische Kunst und Erholung
mit der »Gitarre spielenden Frau« und Finanzkraft mit der »Mitgift des Juden«. Neben die
2 Siehe Miller 1972, S.114.
3 Vgl. Kat.Mün.1814; Kat.Mün.1815; Kat.Pes.1815; Kat.Str.1816.
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