Q.2. Goethe, Johann Wolfgang: Brief an Meyer vom 9.2.1813. In: Goethes Briefwechsel mit Heinrich
Meyer. Weimar 1917-1932. Bd.2., S.323-324, Nr.386.
Goethe an Meyer.
[...] Da ohnedem diese Tableaux Zwitterwesen zwischen der Mahlerey und dem Theater sind, so schadet's
gar nichts, wenn wir hier ins Theatralische übergehen und unsere Gründe durch gemalte Pappenstücke
hervor bringen. Auch dürfen wir wohl, wie die Historienmahler immer thun, etwas steilere Perspektive
annehmen. Personen haben wir genug, und Zeit, dieses letzte Bild vorzubereiten, würde sich ja wohl
auch finden. Die Herzoginn setzte sich inzwischen zum Spiel, und es wäre dieß der letzte Spaß vor
Tafel. Denken Sie die Sache durch und besprechen sie mit August. Im Einzelnen der Gruppen lassen
sich artige Beziehungen und Späße denken, wenn wir nur erst über die Hauptsache einig sind.
Den 9. Februar 1813. G.
Q.3. Brief: Chr. G. v. Voigt an K.A. Böttiger am 18.2.1813
Noch wartete er [Graf von St.Aignan] das Fest vom 16. Februar bei uns ab. Es wurde mit Bilder-Scenen
begangen, alle aus französischen Originalstücken. [...] Belisario, Hippolyt, die Horazier pp. alles fiel
schön aus; die Zwischenscenen waren eigens dazu von Müller componirt. Das poetische Programm
dazu war von Riemer. Göthe dirigierte hinter der Coulisse. Die Vorstellung war in den Marmorzimmern.
Die Zuschauer waren im großen Saal.
Q.4. Journal für Luxus, Mode und Gegenstände der Kunst. Weimar März 1813, S.168-177 und
S.203-204.
V. Bilder-Scenen mit Gesang.
Aufgeführt im Schlosse zu Weimar am löten Februar 1813
Um das, am löten Februar eingetretene, Geburtsfest unserer allverehrten Frau Erbprinzessin Kais. Ho-
heit zu feiern, wurde vorgeschlagen: Gemälde durch wirkliche Personen, nach Erforderniß costumirt
und beleuchtet, darzustellen. Unter der Leitung und Angabe des Hrn. Geheimen Raths von Göthe und
Hrn. Hofrath Meyer's wählte man für diesen Zweck 1) Phädra und Hippolyt nach Guerin; 2) Belisarius
nach David; 3) den Schwur der Horatier nach ebendemselben, und den Beschluß machte 4) unter dem
Namen Arkadien eine reichere, dem Zweck des Festes angemessene, Composition.
Es möchte wohl eine schwere Aufgabe seyn, historisch zu erörtern, wann und wo diese Art von Darstel-
lung zuerst versucht und sodann ausgebildet worden. Referent erinnert sich vor etwa 25 Jahren in Nea-
pel zuerst davon erfahren zu haben, und zwar als von einer damals noch neuen Sache. Seither sollen
auch in Wien, zu Berlin und Petersburg ähnliche Bilder-Scenen veranstaltet worden seyn. Die zur vor-
hin angegebenen Zeit so bewunderten Stellungen der Lady Hamilton dürfen, ungeachtet einiger Ver-
wandtschaft, doch hiermit nicht verwechselt werden: denn Lady Hamilton gab eigentlich blos mimische
Darstellungen verschiedener Charaktere; ihre Stellungen waren gewöhnlich weder von Statuen, noch
von Gemälden entlehnt, sondern von ihr selbst erfunden, beschränkten sich bloß auf ihre Person und sie
bediente sich dabei weder künstlichen Lichtes, noch mannichfaltigen Farbenspiels der Gewänder. Madame
Händel, welche vor einigen Jahren viel Aufsehen in Teutschland gemacht, war zwar bemüht Werke der
bildenden Kunst nachzuahmen, auch bediente sie sich des hocheinfallenden künstlichen Lichts, und
stellte mit andern Personen zuweilen ganze Gruppen dar; dabei aber machte sie sich weder den harmoni-
schen Gegensatz der Farben zu Nutze, noch ordnete sie die Gruppen mit erforderlicher Kunst und Re-
gelmäßigkeit an, theils weil sie, selbst mitspielend, die Anordnung nicht beurtheilen konnte, theils weil
ihre Darstellungen sehr oft in Pantomime übergingen, d.h. sie ließ verschiedene Stellungen zum Zweck
einer allgemeinen Bedeutung auf einander folgen, wodurch aber die Anordnung der Gruppen und Figu-
ren sowohl, als der Faltenschlag und die Beleuchtung einem nicht immer günstigen Zufall überlassen
wurden. [...]
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Meyer. Weimar 1917-1932. Bd.2., S.323-324, Nr.386.
Goethe an Meyer.
[...] Da ohnedem diese Tableaux Zwitterwesen zwischen der Mahlerey und dem Theater sind, so schadet's
gar nichts, wenn wir hier ins Theatralische übergehen und unsere Gründe durch gemalte Pappenstücke
hervor bringen. Auch dürfen wir wohl, wie die Historienmahler immer thun, etwas steilere Perspektive
annehmen. Personen haben wir genug, und Zeit, dieses letzte Bild vorzubereiten, würde sich ja wohl
auch finden. Die Herzoginn setzte sich inzwischen zum Spiel, und es wäre dieß der letzte Spaß vor
Tafel. Denken Sie die Sache durch und besprechen sie mit August. Im Einzelnen der Gruppen lassen
sich artige Beziehungen und Späße denken, wenn wir nur erst über die Hauptsache einig sind.
Den 9. Februar 1813. G.
Q.3. Brief: Chr. G. v. Voigt an K.A. Böttiger am 18.2.1813
Noch wartete er [Graf von St.Aignan] das Fest vom 16. Februar bei uns ab. Es wurde mit Bilder-Scenen
begangen, alle aus französischen Originalstücken. [...] Belisario, Hippolyt, die Horazier pp. alles fiel
schön aus; die Zwischenscenen waren eigens dazu von Müller componirt. Das poetische Programm
dazu war von Riemer. Göthe dirigierte hinter der Coulisse. Die Vorstellung war in den Marmorzimmern.
Die Zuschauer waren im großen Saal.
Q.4. Journal für Luxus, Mode und Gegenstände der Kunst. Weimar März 1813, S.168-177 und
S.203-204.
V. Bilder-Scenen mit Gesang.
Aufgeführt im Schlosse zu Weimar am löten Februar 1813
Um das, am löten Februar eingetretene, Geburtsfest unserer allverehrten Frau Erbprinzessin Kais. Ho-
heit zu feiern, wurde vorgeschlagen: Gemälde durch wirkliche Personen, nach Erforderniß costumirt
und beleuchtet, darzustellen. Unter der Leitung und Angabe des Hrn. Geheimen Raths von Göthe und
Hrn. Hofrath Meyer's wählte man für diesen Zweck 1) Phädra und Hippolyt nach Guerin; 2) Belisarius
nach David; 3) den Schwur der Horatier nach ebendemselben, und den Beschluß machte 4) unter dem
Namen Arkadien eine reichere, dem Zweck des Festes angemessene, Composition.
Es möchte wohl eine schwere Aufgabe seyn, historisch zu erörtern, wann und wo diese Art von Darstel-
lung zuerst versucht und sodann ausgebildet worden. Referent erinnert sich vor etwa 25 Jahren in Nea-
pel zuerst davon erfahren zu haben, und zwar als von einer damals noch neuen Sache. Seither sollen
auch in Wien, zu Berlin und Petersburg ähnliche Bilder-Scenen veranstaltet worden seyn. Die zur vor-
hin angegebenen Zeit so bewunderten Stellungen der Lady Hamilton dürfen, ungeachtet einiger Ver-
wandtschaft, doch hiermit nicht verwechselt werden: denn Lady Hamilton gab eigentlich blos mimische
Darstellungen verschiedener Charaktere; ihre Stellungen waren gewöhnlich weder von Statuen, noch
von Gemälden entlehnt, sondern von ihr selbst erfunden, beschränkten sich bloß auf ihre Person und sie
bediente sich dabei weder künstlichen Lichtes, noch mannichfaltigen Farbenspiels der Gewänder. Madame
Händel, welche vor einigen Jahren viel Aufsehen in Teutschland gemacht, war zwar bemüht Werke der
bildenden Kunst nachzuahmen, auch bediente sie sich des hocheinfallenden künstlichen Lichts, und
stellte mit andern Personen zuweilen ganze Gruppen dar; dabei aber machte sie sich weder den harmoni-
schen Gegensatz der Farben zu Nutze, noch ordnete sie die Gruppen mit erforderlicher Kunst und Re-
gelmäßigkeit an, theils weil sie, selbst mitspielend, die Anordnung nicht beurtheilen konnte, theils weil
ihre Darstellungen sehr oft in Pantomime übergingen, d.h. sie ließ verschiedene Stellungen zum Zweck
einer allgemeinen Bedeutung auf einander folgen, wodurch aber die Anordnung der Gruppen und Figu-
ren sowohl, als der Faltenschlag und die Beleuchtung einem nicht immer günstigen Zufall überlassen
wurden. [...]
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