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chen.53 Nicht das Volk, wie bei den Triumphprozessionen, war das Zielpublikum, sondern
vorrangig der meist fremde, fürstliche Gast mit seinem Gefolge.

Die Stadtherren entschieden über die historischen und allegorischen Erfindungen, berie-
fen die Mitglieder der Rhetorikkammern für die Gestaltung ihrer Ideen ein und schrieben
Preise für die besten Darbietungen aus. In den Niederlanden veranstalteten seit der ersten
Hälfte des 15. Jahrhunderts die Rederuker54, Mitglieder der »Kamers van Rethorica«, die
aus geistlichen Bruderschaften hervorgegangen waren, im Zusammenschluß mit der Lukas-
Gilde, der Malerzunft, die triumphalen Fürsteneinzüge.55 Die Schaugerüste, die von einfachen
Kästen, über mehrstöckige Anlagen bis zu großen Triumpharchitekturen reichten, wurden an
verschiedenen Stellen der Stadt errichtet (Abb.6-8). »Le spectateurpassa.it devant, en seprome-
nant, comme s'il visitait une galerie de Tableaux.«56 Vor jeder Bühne erläuterten entweder
ein Vortrag oder Schrifttafeln beziehungsweise Banderolen - in dieser Form auch in der bilden-
den Kunst bekannt - die Szenen. Eine andere Möglichkeit, die Geschichte eines Bildes zu
erklären, war die Pantomime, die einen Moment lang die Zeitbegrenzung der Raumkunst

53 Vgl. dazu die sehr gute Untersuchung über den Einzug Philipps d. Guten in Gent 1458 von Smith
1989. Vgl. Kindermann 1980. S. 150. Vgl. Jacquot. In: Jacquot. II. 1960. S.414/415. Vgl. Landvogt
1972. S, 15. Vgl. Kindermann II. 1959. S.211. Vgl. Herrmann 1914. S.382-384. Vgl. Möseneder
1983. S.27 und S. 104. Vgl. Kernodle 1989. S.245. Vgl. Kernodle 1943. S.59-64.

54 Kindermann zählt einige Gründungen der Rederijker von Antwerpen im Jahre 1400 bis Utrecht
1577 auf. Anfang des 17. Jhds. seien mehr als 200 Kammern bekannt gewesen, vgl. Kindermann II.
1959. S.212. Vgl. auch Hummelei! 1992. Vgl. Worp I. 1904. S. 109-192, der alle Arten der Auffüh-
rung durch die Rederijkers aufschlüsselt. Vgl. Frenzel 19842. S.38-40. Vgl. Brauneck 1993. Bd.l.
S.558-563.

55 Oft werden bedeutende Maler, wie z.B. Hugo van der Goes oder Pieter van Aelst im Zusammen-
hang mit der Ausgestaltung der lebenden Bilder erwähnt, vgl. dazu Kindermann II. 1959. S. 232.
Vgl/Herrmann 1914. S.376, 378, 392-394. Vgl. van Puyvelde. In: Jacquot II. 1960. S.290. Häufig
ist eine Personalunion zwischen Malern und Rederijkern festzustellen, teilweise bildeten sie eine
gemeinsame »kamer«, in der sie sich die Aufgaben entsprechend teilten, vgl. Gudlaugsson 1938.
S.47. Vgl. Heppner 1939/40, S.22-23. Wie aufwendig die Ausrichtung eines Einzuges war, läßt
sich anhand von Zahlen verdeutlichen: Beim Einzug von Philipp II. in Antwerpen 1549 benötigte
man 895 Zimmermänner, 234 Maler, 16 Holzschnitzer und etwa 500 weitere Arbeiter für eine Zeit
von mehreren Monaten zur Vorbereitung und für das Ereignis selbst 137 Darsteller, vgl. Kernodle
1944, S.60-61. Die Vorbereitungen begannen oft bereits sechs bis zehn Monate vorher, vgl. Jacquot.
In: Jacquot II. 1960, S.457. Eichberger nennt sogar Vorbereitungszeiten bis zu einem Jahr, vgl.
Eichberger 1988, S.53. Vgl. die Untersuchung der sozio-kulturellen und wirtschaftlichen Verhält-

, nisse der Fürsteneinzüge von Jacquot. In: Jacquot III. 1975, S.7-51.

56 Siehe Bapst 1893. S.85. Beispiele lassen sich viele finden wie der Einzug Philipps des Guten in
Brügge 1440, vgl. Kernodle 1989. S.246 und Kindermann II. 1959. S.213-214. Der Einzug der
Margarethe von York in Brügge 1468, vgl. Kernodle 1989. S.246. Der Einzug Philipps des Schönen
in Antwerpen 1494 mit einem lebenden Bild des Paris-Urteils, vgl. Koepplin 1976. S.614. Der
Einzug der spanischen Prinzessin Johanna in Brüssel 1496, der Einzug Karls V. 1515 in Brügge,
vgl. Kernodle 1989. S.246. Vgl. Kindermann II. 1959. S.230-231 und Herrmann 1914. S.380. Der
Einzug Karls V. in Antwerpen 1520 mit einem lebenden Bild »Herkules am Scheideweg«, vgl.
Koepplin 1976. S.614. Der Einzug Franz', Bruder des französischen Königs in Antwerpen 1582,
der Einzug Erzherzog Alberts in Brüssel 1596 und sehr spät: der Triumphzug 1635 in Antwerpen
für den Kardinalinfanten Ferdinand, den Peter-Paul Rubens leitete, vgl. Alewyn 1959. S.20-23.
Vgl. McGrath. In: Jacquot III. 1975. S. 173-186. Und der Einzug Maria von Medicis in Amsterdam
1638, vgl. Gascoigne 1971. S.91-95. Vgl. auch Möseneder 1983. S.166-170. Vgl. Calmette 1976.
S.274. Vgl. Bapst 1893. S.84 und S. 104. Vgl. die zahlreichen Erwähnungen in den 3 Bänden, hrsg.
von Jacquot I.II.III. 1956/60/75.

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