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Journal für die Baukunst: in zwanglosen Heften — 13.1839

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Rosenthal, C. A.: Uebersicht der Geschichte der Baukunst, mit Rücksicht auf die allgemeine Culturgeschichte, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42059#0089

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2. Ilo senth aJ 9 Uebersicht der Geschichte der Baulunst. 81
jedoch keine plastische Verzierungen nachahmen dürfen, oder auch mit
Gemälden schmücken. Aber man beobachte dabei die gröfste Sparsam-
keit und Nüchternheit; man hüte sich, irgendwo die eigentliche Archi-
tektur zu verdunkeln, was immer durch grelle und tiefe Farben geschieht,
am mehrsten bei den zarten Gliederungen, deren Profil man dann kaum
mehr zu erkennen vermag; man vermeide ferner, bei allen Gebäuden von
einem ernstem Character, also bei den meisten öffentlichen Gebäuden, alle
Farben, deren Lebhaftigkeit den Ernst beeinträchtigt, besonders alle eigent-
liche Malerei. Wohngebäude, besonders Landhäuser; auch Schauspielhäu-
ser, Odeen, und überhaupt Gebäude, in deren Character das Gefällige,
Freundliche, Lebhafte, das Phantastische vorherrschen soll, mag man dann
wohl mit buntfarbiger Malerei, als Beiwerk der Architektur, z. B. mit Ein-
fassungen der geraden Flächen, mit kleinen Arabesken, Medaillons u. s, w.,
verzieren, immer aber mit Auswahl, Geschmack und, vor Allem, mit
Sparsamkeit?
12. Character und Styl.
Diejenige Eigenschaft der Architektur, durch welche uns der Charac-
ter des Volkes und des Landes versinnlicht wird und welche allen Gebäuden
eines Volkes gemeinsam ist, nennen wir Styl; die Eigenschaft dagegen,
welche uns die besondere Bestimmung der Gebäudeart deutlich macht,
Character. Der Character ist mithin eine Unter-Abtheilung des Styls.
Dieses Verhältnis findet in den andern Künsten, wo der Styl aus
der Individualität des Künstlers iliefst, nicht Statt. Jeder andre Künstler
stellt ebensowohl Gegenstände einer fremden Nationalität dar: der Bau-
meister dagegen, dessen Schöpfungen, alle ohne Ausnahme, dem Character
seines Volkes angehören, mufs sich nothwendigerweise mit demselben in
dem Grade befreunden, d&fs seine Eigentümlichkeit in der seines Volkes
mifgeht. Es wird mithin der Styl in der Baukunst jedesmal zum Natio-
nalbaustyl werden, welcher sich um so eigentümlicher gestalten wird, j*e
mehr der National-Character sich ahsondert. Ira umgekehrten Falle kann
es auch sein, dafs der Character überwiegend wird, so dafs die gleichen
Gebäude-Arten verschiedner Völker mehr Uebereinstimmendes bekommen
als die verschiedenen Gebäude-Arten desselben Volkes; aber cur darum,
weil dann auch der Character beider Völker wenig verschieden ist.
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Hefte.)

Cralle’s Journal & Baukunst Bd. 13. Hft 1.

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