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Journal für die Baukunst: in zwanglosen Heften — 13.1839

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2. Heft
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Rosenthal, C. A.: Uebersicht der Geschichte der Baukunst, mit Rücksicht auf die allgemeine Culturgeschichte, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42059#0198

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190 6. Rosenthal, j[Jehersicht der Geschichte der Baukunst.
lehnt haben; in Hinsicht der künstlerischen Form aber gehört ihnen die
Säule eigenthüralich an.
So lange wir die Baukunst eines einzelnen Volkes als ein Abgeson-
dertes betrachten, kommt es zur vergleiehungsweisen Bestimmung ihres
Werthes vorzüglich nur darauf an, in wie fern sich der Geist des Volks,
der Character des Landes u, s. w. in den Bauwerken deutlich ausspricht.
Dies ist jedoch nur die beschränktere Ansicht, nach welcher sich die ein-
ander entgegengesetzten Baustyle (der Aegypter, Griechen, Deutschen)
noch nicht vergleichen lassen. Die Frage, welcher Baustyl im Allgemei-
nen den Vorzug habe, d. h. sämmtlichen und namentlich den hohem An-
forderungen der Kunst, wie wir sie in der Einleitung festzustellen ver®
sucht haben, entspreche, oder, mit andern Worten: welches Volk sich
nicht allein ara deutlichsten, sondern auch am schönsten in seiner Kunst
ausgesprochen habe, ist aus einem höhern Standpuncte zu entscheiden. Es
giebt nur ein Ziel für die menschliche Geistesbildung und in diesem nur
ein wahrhaft Schönes; es giebt also auch nur eine Baukunst, welche die-
ses Schöne architektonisch darstellen kann.
Dieses eine Ziel ist, im Fortschreiten der Weltbildung, von verschied-
nen Seiten und auf verschiednen Wegen gesucht worden. Die Wege führ-
ten aus einem Lande in das andere hinüber, oft in mehreren Verzwei-
gungen, bis sie sich, in so fern sie eine falsche Richtung nahmen, in dem
Untergange der jedesmaligen Art und Weise der Cultur verloren. Irgend
ein grofses Welt-Ereignifs brach dann eine andere Bahn; oder ein neu
auftretendes Volk, das vielleicht auf einem andern Wege von Hoch-Asien
ausgegangen und auf seinem weiten Zuge durch andere Gegenden zu
einer eigenthümlich-selbstständigen Richtung der Geistesbildung gelangt
war, versuchte dann den neuen Weg zum Ziele.
Ueberall, wo die Richtung jener Wege zur Erreichung des allge-
meinen Ziels und des Schönen in der Baukunst im Besondern falsch war,
mufs sich in der Bauweise selbst die innre Nothwendigkeit des Verfalls
darthun lassen; es mufs nachgewiesen werden können, dafs auch ohne die
etwanigen äufaern Gewalt-Umstände dennoch früher oder später dieUeber-
zeugung von der Unzulänglichkeit des herrschenden Baustyls hervorgetre-
ten sein würde.
 
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