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Kaukasische Post: die deutsche Monatszeitung aus dem Südkaukasus — 9.1914 (5. Januar -16. August)

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No. 9 (2./15. März 1914)
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https://doi.org/10.11588/diglit.21957#0134
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Kolonien gibt eS anbereS zu tun, als 3)tonatc lang zum
©d;aben alter einen unerquidlichen ©treit zu führen.

SDie Stellung unb oft nicht enttyrechenbe Cluatififation
mancher ^aftoren tourbe fc^on bom SSerfaffer beS Seitab
tifels in ^r. 8 Beleuchtet, unb ich möchte tyie'i nicht meiter
barauf eingeben, aber furz anbeuten, U)ie m i r uns bie
Aufgaben eines SßaftorS benfeu, ber berufen ift, in einem
fernen Sanbe unter feinen SanbSteuten %u mirfen.

2luf$er feinen SßerufStoflickten t)at ja ber $aftor nod;
ein anbereS großes gelb, mo er fet)r biel gutes tun fann,
unb baS ift Kulturarbeit.

2llS bor balb neun fahren bon einer deinen ©cfyar
beutfe^er Scanner bie „Kauf. si;oft" gegrünbet mürbe, ftanb
in ihrem erften Slufruf an alle SanbSleute beuttich zu
lefen, bajs baS Slatt haubtfächtich unfere Kultur zu föv-
bern beflimmt fei. SDie meiften Sel;rcr in unfern Kolonien
nahmen biefen Aufruf freunblia) entgegen unb liefen ben
©rünbern ber „Kauf. Sßoft" bereitwillig it)re Unterftü^ung.
©ie zögerten md;t, neben ihrer ferneren Berufsarbeit noch
an weiterer Kulturarbeit teilzunehmen, unb [teilten fict)
gern in ben SDienft ber ©efamtheit.

®anz anberS war baS Verhalten ber ^aftoren, bon
benen nur einer im 9?orbfaufafuS mit freunbtichem ©inn
baS neue Unternehmen Würbtgte unb fein Mitarbeiter
Würbe. 2lTle anbern fugten bie „Kaufafifche $oft" zu
ignorieren, Wie fie auch bie in ben Kolonien nötige Kultur*
arbeit ignorierten, b. h- nichts bon ihr Wiffen Wollten.
2JZehreretnale mürbe auch bie „51 auf. s$oft" bon biefer
©eite ^eftig angegriffen unb erft unlängft leiftete fich einer
ber ^aftoren in einem nichtfaufafifchen Statte einen geber*
frieg gegen unfere 3eitung, ber fich keineswegs burch ©ach?
lichfeit auszeichnete.

2Bir meinen nun, ba)3 bie Sanbbfarrer, bie boa) gern
ihre Vilbung anbern gegenüber 511 betonen lieben, Wohl
baran täten, in ihrem Kreife für bie §ebung ber Silbung
^u forgen. SDa märe zunächft an bie beffere ©rgiehung
ber flernen Ktnber zu beulen, befonberS berjenigen Seilte,
bie Sag für Sag bom §aufe abmefenb finb unb ihrer
Arbeit nachgehen müffen. 2Bie leicht liefse fich *n ieöer
Kolonie ein Ktnbergarten einrid;ten unb Wie mürbe bie
©efittung ber heranWachfenben ^ugenb gewinnen, menn bie
Leitung beS KinbergarteuS einer gefaxten unb liebebotten
Pflege an'oertraut mürbe!

£>ann müfjte für eine eble unb nü^liche gerftreuung
ber Sugenb geforgt merben, bamit ber Weiteren Verrohung
berfelben borgebeugt mirb unb mit ihr ber Srunffucht.
2Ber feinen SanbSleuten mit aufrichtigem Gerzen zugetan
ift, Wem bie Söürbe unb baS gortfommen berfelben teuer
ift, barf ntdjt müfng zuWen/ wie bie Verrohung bon
^ahr zu Sahr zunimmt»

Natürlich müffen alle biejenigen, bie fich biefer ©ad)e
annehmen, $reunbfchaft im Gerzen nähren gegen ihre
^ächften, unb gerabe bie Slermften unb Verlaffmften follten
bon ihnen bie größte gürforge unb greunblichfeit erfahren.
Se härter bie £anb ift, bie mir mein Söruber reicht, befto
liebeboiter unb freunblicher foll ich fie brüden, benn bon
fernerer Arbeit ift feine £anb fo fchmielig unb §axt ge*
Worbeu. (Sin fötaler §anbbrud ehrt jeben, ber ihn mit

freunblichem Gerzen tut. $a, bie 3lrmenbflege fann in
ben Kolonien biel gut-'S loirfen, menn ber Pfarrer als
liebeboller Vermittler 5rütfct)en Slrmen unb deichen auf*
tritt, menn fein mitteibiger Slid nid;t aufhört, bie 5(rmut

j zu fuchen, unb fein £>erz b^txebt ift Sinberung zu fRaffen.

! 2)ann fommt bie ©efunbheitSbflege, für meld;e überall

j bie 3ftiffionare ein maa}fameS Sluge haben, ©ute dtaU

\ fchläge unb ftete gürforge nü|en ^ter mehr als ärztliche
fittfe. ^iemanb fann leugnen, bafe in ben Kolonien bie

j ©efunbheitSbflege noch fet)v im argen liegt, unb boa), mie

I leicht fönnte ^iev bei einigem 3wfammengehen Abhilfe ge-

j fchaffen merben!

Kurzum, ber Sanbbfarrer, ber über biet freie $ät

| berfügt, beut eS leichter als anbern mirb, überall ^etfenb
bcvöuftd)cn, fann in feiner Umgebung fo biel für bie 2Bohl*

I fahrt tun, bafj noch ferne ©efchtechter feinen tarnen bveifen

I unb ehren.

Unb bann bleibt noch eins. @r, ber mit ^)erz unb
I ©inu bem Seben ber Kolonien nahe zu fter)en berufen ift,
: fotCte er in feinen Mu^eftunben nicht auch ben ©ang biefeS
i SebcnS mit feinen freubigen unb traurigen ©efchehniffen
j aufzeidnten? gür men eignet eS fich beffer, bie örtliche
I ©hronif zu führen, als für ben Pfarrer, ber ben Sauf ber
| 2)inge ruhiger unb unbarteiifcher überbliden fann als

■ aubere? —t.

I

R u s^ia n d.

3n Urga, in ber Mongolei, hat fich fürjlich % lo i f e n
[bemStyutudjta (®han Mongolen) unb bem r u \*
[fifchen ©eneralfonfut ein Vorfall ereignet,
\ ber fich nach ben „Strfh. 2Beb.", bie au§ einer bem Slnfeen^
j minifterium naheftehenben Dueae fehlen, unter folgenbeu
j Umftänben abgezielt h«t: 3n Urga befteht ber brauch, ba§
j bem Ghutuchta am mongotifchen 9leujahr§tage bie eigenen unb
fremben 2ßürbenträger gratulieren, ©emßemftfj hielt ^ auch
! ber ruffifche biötomatifche Vertreter, ©eneralfonfut 2JUHer, für
I angebracht, in ©atauniform ju erfcheinen, befam jeboch ju
I feiner Sßermunberung ben Sefcheib, ber ©^utnehta fei franf unb
{ föune ihn nia)t empfangen. Sie ©emahlin be§ ©^utucr)ta braute
[ felbfi biefe ©ntfchulbiguug bor. 2)a ^err agitier jeboch ©runb
i znr Sinnahme ^atte, bafe fein ernfies Unmohlfein bie ©nmfaitg^
f bermeigerung rechtfertige, erhob ber Vertreter dlublanfö am
? folgenben ^age entfehiebenen @infprua) gegen ba3 Vorgehen bei
\ ßhutuchta unb forberte in bringenbfier §orm ©enugtuung. 2ln?
j gefichts biefer fategorifchen gorbernng erfchien juerfi ber ©e*
j hilfe bei Stufeenminifteri unb bat ben ruffifchen ©eneralfonfut
! um (Sntftt)ulbtgung im tarnen bei ©hutucr/ta, ber §u weiterer
j ©enugtuung bereit fei. £>a biefe $orm ber (Sntfchulbigung
unzureichenb erfchien, fteHte ber ruffifche bibtomatifche 2igent
folgenbe brajife Sebingungen: 1. 3m ruffifchen ©eneralfonfutat
hätten fämttiche 2Jiinifter in ©atauniform zu erfcheinen; 2. bie
mongolifcbe ©arbe fyahe bie 2)Umfter ju begleiten; 3. an ber
©pifce ber Stborbnung müffe ber ehutuchta felb^ fernen. @ine
©rahtung bom 15. Februar an bai StuBenmtnifterium berich*
tete, bafe biefe Sebingungen angenommen rourben. Satfächüch
erfchienen ©onnabenb, ben 15. Februar, um 11 Uhr bormittagi,
 
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