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Kemp, Wolfgang; Heck, Kilian [Hrsg.]
Kemp-Reader: ausgewählte Schriften — München, Berlin: Dt. Kunstverl., 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.55647#0179

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Über Bilder in Bildern, besonders bei Van Eyck und Mantegna

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verstanden haben - und das besagt: Wie
wenig sie einander dabei kopiert haben.
Es muß dies etwas mit dem neuen System
der Malerei zu tun haben.
Doch gehen wir schrittweise vor und
halten erst einige allgemeine Merkmale
fest. Die Bilder zweiten Grades haben
gemeinsam, daß sie sich in architektur-
gebundenen Medien realisieren: als in-
krustierte Fußböden (van Eyck), als
skulptierte Zyklen auf figurierten Kapi-
tellen oder Archivolten oder sonstwie in-
tegrierten Reliefs (van Eyck, Meister von
Flemalle), als Wandmalereien (van Eyck),
als Zyklen der Glasmalerei (Meister von
Flemalle) oder als einzelne Fenster (van
Eyck).5 Die zweite Gemeinsamkeit be-
steht darin, daß das erste Register dem
Neuen Testament bzw. seinen legendären
Erweiterungen und das zweite Register
dem Alten Testament gehört. Kurz: Es ist
das alte Paradigma der Typologie, das die
beiden Erzählungen zusammenführt und
dabei wiederum und vermutlich zum
letzten Mal eine neue Erzähltechnik ge-

Abb. 2: Jan van Eyck, Verkündigung, Washington,
National Gallery

langen (eigenen Rechts) in Erzählungen be-
greift. Gerade erschienen ist V. I. Stoichita,
Linstauration du tableau, Paris 1993. Zum Em-
bedding in mittelalterlicher Literatur s. vor
allem: M. L. Ollier, »Le discours en >abyme<
ou la narration equivoque«, in: Medioevo ro-
manzo 1,1974, S. 351 ff.; A. Limentani, »Effeti
dispecularita nella narrativa medievale«, in:
Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte
4,1980, S. 307 ff. S. Ringbom, »Some Pictorial
Conventions for the Recounting of Thoughts
and Experiences in Late Medieval Art«, in: Me-
dieval Iconography and Narrative, hg. E Ander-
son, Odense 1980, S. 38 ff. ist die einzige mir
bekannte Untersuchung, die sich mit der Vor-
geschichte des embedding befaßt. Bei der
Verbildlichung von Traum- oder Redeinhalten
in mittelalterlicher Kunst stellt der Autor vier verschiedene Techniken fest, von denen die letzte - appen-

dage of a subordinate motif- auf das in diesem Aufsatz behandelte Material zutrifft: Der Trauminhalt er-
scheint unter den Bedingungen realistischer Darstellungskonvention als Bild im Bild oder als »Erzählaus-
blick«, etwa durch ein Fenster gesehen.
5 Siehe die Einzelidentifikationen in der in Anm. 2 und 3 genannten Literatur.
 
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