Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

DOI Artikel:
Schumann, Paul: Die zweite internationale Ausstellung von Aquarellen u.s.w. in Dresden, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0025

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die zweite internationale Ausstellung von Aquarellen u. s. w. in Dresden, von Paul Schuh mann



Erfindungen von höchster Kraft der Phantasie, frei von
Bizarrerie und tadellos in der Technik; die Allegorie
„Ruhm und Zeit" ist zwar an sich unverständlich, aber
mächtig im Bewegungsrhythmus und in der formalen
Durchbildung. Von den Ausländern imponiert nament-
lich Ricardo delosRios mit seiner „Kartoffelernte"
und der „Schnitterin" nach Lerolle durch glänzende
Technik. Die Engländer sind leider ausgeblieben.

Mit Aquarellen und Pastellgemälden sind nun zu-
nächst die Berliner überaus zahlreich und auch tiichlig
vertreten; sie bestreiten allein fast den vierten Teil der
Ausstellung. Da ist von Paul Meycrheim ein köst-
liches Blatt „Die Thierbändigerin" von feinem Farbcn-
reiz und höchst lebendiger Charakteristik der widerwillig
durch den Reifen springenden Hyänen, Wölfe und

Aus lä. verkam ers Skizzenbuch

Leoparden. Meisterlich in Ton und Zeichnung ist „Eine
Frage" von Friedrich Stahl; seine Zeichnungen zu
Heinrich Heine erheben sich ebenfalls über die gewöhnliche
Höhe derartiger Leistungen. Dann ist Heinrich Sper-
lings Folge von Hundcbildern „Feine Nasen" (Kaiser
Wilhelm II. gewidmet), mit Auszeichnung zu nennen: die
charakteristischen Bewegungen der Jagdhunde und ihre
seelischen Regungen sind überaus treffend und lebendig
wiedcrgegebcn. Franz Skacbinas „Galizische Juden
auf der Karlsbader Promenade" sind ebenso treu und
überzeugend in der Charakteristik, wie Ernst Henselers
„Sammler", der mit Kennerblick eine Vase prüft. Von
diesem sind auch gegen 80 Zeichnungen vorhanden, die
in ihrer treuen Wiedergabe der Wirklichkeit einen großen
Reiz entwickeln. Überaus zahlreich sind die Landschaften,
die Berlin gesandt hat. Da ist zunächst Liebermann

zu nennen, der mit schroffen und rauhen Mitteln der
Natur den Stimmungsansdruck und den Reiz der Wahr-
heit abzuringen sucht. Seine „Bleiche" und die „Ecke
eines holländischen Dorfes" sind bezeichnende Leistungen
für seine auf Fernwirkung berechnete Manier. Die groben
Übertreibungen seines Anhängers L- Ury sind dagegen
ungenießbar. Weiter nennen wir Hans Herrmann
mit Ansichten aus Venedig, Amsterdam und Berlin, die
von köstlicher Frische sind, Wilhelm Bombach, der
in 24 italienischen Landschafisstudien immer von neuem
seine feine und geistreiche Auffassung und seine Gabe,
das Charakteristische mit offenem Auge zu erfassen, er-
weist, Karl Breitbach, Paul Barthel, Hans
Gude, Edg ar Meyer, Douzette, Hans Völcker,
Karl Scherres, von dem die kgl. Nationalgallerie in
Berlin fünf schöne Kohlezeichnungen bcigesteuert hat, und
Eugen Bracht. Letzterer hätte zwar eine Reihe recht
nüchterner Blätter ausmerzen sollen, in andren (namentlich
den Jnncnräumen), erhebt er sich jedoch zu achtungs-
wcrter Höhe. Nennen wir noch die malerischen, warm-
tönigen Architekturen von Julius Jacob, die höchst
lebendigen Schilderungen aus dem Berliner und Ham-
burger Leben (Zollanschluß) von L. Dettmann, die
farbenprächtigen Blumen von Katharina Klein, end-
lich R. Damme iers Tiroler Bilder, so haben wir
wohl die hervorragenderen Berliner Werke erschöpft.
Hermann Heudrich verrät bedeutendes Talent mit
seiner „Einsiedelei" und seinem „norwegischen Bergsee",
mit seinen „spiritistischen Gcistererscheinungen" vermögen
wir uns weniger zu befreunden.

Unter den Münchenern gebührt Hans von
Bartels mit seinen 20 entzückenden Bildern aus Holland
die erste Stelle. In dem großen Bilde „Haus auf der
Bühne" meint man den alten Andreas Achenbach
in der ganzen Fülle seines Könnens wieder zu erkennen;
die Jnncnraumbilder, „Fischeinsalzen", „Spinnstube",
„Scheuerfest", „Schälende Frau", u. s. w., offenbaren
eine Farbentiefe und eine Lichtwirkung, wie man sie
selten trifft, das Lachen der neugierigen Mädchen wirkt
elementar und ansteckend.

Von Grützner bewundern wir eine Reihe meister-
hafter Charakterköpfe, — „Der Herr Bürgermeister",
„Vom Stammtische", „Wildschütz", „Prälat" :c. rc., —
die den ganzen Reiz seines Humors und seiner unfehl-
baren Zeichenkunst an sich tragen. Weiter folgen Ludwig
Dill mit einer Reihe feingestimmter Deckfarbenbilder,
Ernst te Peerdt mit einem charaktervollen Bildnis,
Herman Grobe mit lebendig empfundenen Strand-
bildern, Schlittgen, Piglhein (mit einem reizenden
Kindcrkopf in Pastell), die Bildnismalcrin Helene
Mühlthaler, O. Strützel mit einer geistreichen
Komposition „Bei Köln am Rhein", E. Kubierschky
mit einer poetisch empfundenen Landschaft („Weiher im
Morgenncbel").

Unter den zahlreichen Düsseldorfern ragen her-
vor Kampf, Pohle, Rocholl, W. Petersen,
Karl Gehrts, die Architekturmaler Sch i ll und Seel,
F. v. Schenuis, F. Vezin. Von Arthur Kampf
sehen wir in lebensgroßen Gestalten eine „Proletarier-
familie beim Mittagsmahle" (Zeichnung), zwei Aquarelle,
„Belauschtes Liebesgespräch" und „Ibsen im Cafe Maxi-
milian zu München", dann Zeichnungen zum Zictenbilde,
— in allen offenbart sich die scharfe Beobachtung des
 
Annotationen