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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Weihnachtsbücherschau
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erinnern, was sonst bei ihm nie der Fall. Kolorist von Hause
aus, ist er besonders Meister des Helldunkels und weiß durch die
milde Glut seiner Farbe uns immer zu fesseln. Selbst hier, wo
die Photogravüre uns diese Reize seiner Palette vortrefflich wieder-
gibt. Hat nun Kaulbach im Lauf der Jahre seine eigene Persön-
lichkeit in der Kunst immer bestimmter herausgebildet, so ist doch
der kaum vierzigjährige Mann uns sein Bestes offenbar noch
schuldig, da er bis jetzt unaufhörlich Fortschritte zu größerer
Meisterschaft gemacht hat. Wir dürfen daher mit der Zeit wohl
einem zweiten Band seines Werkes entgegensehen, der uns den
fertigen Meister zeigen wird. (Illustrations-Probe unter den Bilder-
beilagen dieses Heftes.)

Außer diesem ausnahmsweise gediegenen Prachtwerk und
den durchaus eigenartigen Produktionen des Allers begegnet man
in den heurigen Jllustrationswerken leider nur zu häufig einer
fortwährend zunehmenden Neigung der Künstler zu dem süßlich
verschwommenen, jeder scharfen Individualisierung der Gestalten
aus dem Wege gehenden Idealismus des Zopfes, was eS einem
sehr erschwert, sich durch diese fade Flut durchznarbeiten. Da ist
es denn immer noch am besten, wenn die Arbeiten einen lokalen
Anhalt haben, wie die von Hermann Heydel gezeichneten
„Geselligen Freuden" mit Text von Johannes Trojan,
die uns im wesentlichen das Berlinertum daheim und auf der
Reise schildern. Eine Illustrations-Probe (zinkographische Verkleine-
rung der Heliographie) finden unsre Leser auf Seite 95. Von dem
Trojanschen Text führen wir nachstehendes „Lob der Geselligkeit" an.

Einsam lebe, wer will sich rübmen, daß aus der Weisheit
Born er schöpfe! Nicht geh' ich in die wüste ihm nach.

Denn noch will ich des Lebens mich freuen, und ganz es genießen
Kann derjenige nur, der sich den Menschen gesellt.

Darum greif' ich, Geselligkeit, dich, die Blume des Lebens

Bist Du, mit Farben und Glanz schmückst Du den dunkelsten Tag.

(Berlin, Max Krause, Preis 20 M.) Am talentvollsten in dieser
Richtung sind jedenfalls die im „Fröschl-Album" (Leipzig,
Arth. Seemann, Preis 20 M.) enthaltenen sechzehn meisterhaft
mit Rötel gezeichneten und durch Photogravüre, täuschend wieder-
gegebenen Kindergruppen (Jll. Proben auf Seite 89 und 90).
Aehneln hier Behandlung und Auffassung ganz den bessern Zopf-
malern wie Grenze, so erfreut doch die tiefe Naturempfindung in
den Köpfen und selbst der Bewegung der Kleinen und ein Schön-
heitssinn, der sonst unsrer Generation so oft verloren zu gehen
droht.

Ganz im Geschmack des Herrn Joh. Caspar und Januarius
Zick — seiner Ahnen — sind die von Alex. Zick gezeichnete» Illu-

strationen zu Kleists
„Käthchen von
Heilbronn"

(Berlin, Alb. Gold-
schmid, Pr. 30 M.),
in denen sich ein
schönes Talent zu
dramatischer Ge-
staltung ausspricht,
mit dein freilich das
der Charakteristik
nicht Schritt hält.

(Jll.-Probe siehe S.

92.) — Anmutig
und malerisch reiz-
voll hat dann Grot-
johann die „Lur-
lei" des Julius
Wolfs illustriert
(Berlin, Grote, Pr.

20 M., Jllustr.-
Probe siehe unten)
und hier immerhin
etwas dem Charak-
ter des Dichters
Kongeniales gelie-
fert. Wenn es auch
ihm offenbar nicht
auf eine schärfere
Charakteristik der
Gestalten ankam, so
hat er wenigstens
Merkwürdig ist es
erinnernden Werken auch der alleinseligmachende Gipskopf mit
seinem faden Lächeln wieder bei Frauenbildern die individuelle
Auffassung nur zu oft ersetzen muß. Man ist daher förmlich froh,
wenn man, diesen antikisierenden Schemen entronnen, in die ge-
sunde Wirklichkeit zurückgeführt wird, wie sie uns Knötels
Illustrationen zum „Buch vom deutschen Heere" der Herren
Vogt und Zobeltitz (Bielefeld, Velhagen u. Klasing, Lief, l—3
ä 2 M., JUustr.-Probe s. S. 43) darbieten. Gewiß ist Knötel
kein Menzel oder Dietz, den Charakter des deutschen, besonders aber
des preußischen Soldaten versteht er indeß doch ganz gut zu
 
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