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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Freihofer, Alfred: Die internationale Gemäldeausstellung in Stuttgart, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0274

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Die Internationale Geinäldeausstcllnng in Stuttgart

gefärbte Zeichnung, die „Wiedertäufer in Münster", eine Art Höllenbrenghel, von Hans Schwaiger verbreiten
die Atmosphäre eines Raritätenkabinetts.

Ganz anders das nächstanstoßende französische Appartement. Da man eine große Madonna von
Bouguereau und einen kleinen, höchst charakteristischen Lefebvre im internationalen Festsaal untergebracht
hat, so sind hier ausschließlich jüngere Richtungen vertreten, die in scharfen Gegensätzen kräftig aufeinander platzen.
Beim Eintreten fällt der Blick auf die der Münchener Pinakothek gehörige „Madonna" von Dagnan-
Bonveret, der man die „Fische" von Zimmermann und ein ebenbürtiges ausgezeichnetes Stillleben von
Fouace an die Seite gegeben und so einen Glanzpunkt des Arrangements geschaffen hat, von dem man nur
schwer wieder loskommt, um nach dem tizianischen Goldton der Dagnan-Bouveretschen Madonna das modernste
Pleinair der Aubletschen „Damen im Grünen" auf sich wirken zu lassen. Das Publikum ist natürlich mehr
für den Goldton, kann sich aber doch der verblüffenden Naturwahrheit von Gervex' Riesenbild „Jury des
Pariser Salons" und Berauds „Szene aus dem Jnstizpalast" nicht entziehen. Allgemeine Bewunderung
findet Carolus Du raus herrliches Porträt seiner Tochter, das neben der brillanten Stoffmalerei durch einen

seelischen Gehalt sich auszeichnet, wie man ihn bei Daran
nicht oft findet. Ein Meisterwerk ist ferner Rolls „Studie
im Freien", jedenfalls die glänzendste unter den (übrigens
! auffallend wenig zahlreichen) Nuditäten der Ausstellung.
Sodann lernt der Besucher in charakteristischen Beispielen die
phosphoreszierende Malweise von L. Deschamps, Leon
Gerome durch ein Serailbild und E. A. Dnez durch ein
hellgemaltes Damenporträt und ein Blumenstück kennen. Land-
schaften modern-französischen Charakters sind von Montenard,
Cazin und Zuber vorhanden, und unsres Wissens zum
erstenmal in Deutschland begegnet man dem interessanten
Aquarellisten Bautet de. Monvel, der in seinen kleinen
Genreszenen eine fabelhafte Feinheit und Accuratefie zeigt
und in Originalen zu Illustrationen einer Pariser Kinder-
zeitung sich als eine Art französischer Kate Greeneway ausweist.

Die beiden nächsten Appartements enthalten holländische
und belgische Bilder, eine ganz vorzügliche Kollektion, die
unstreitig den Glanzpunkt der Ausstellung bildet. Ans
Holland insbesondere fehlt fast keiner der berühmten Namen,
und alle sind durch Meisterwerke vertreten. Das meiste da-
von wird von hier nach München übersiedeln. Wir heben
hervor: ein grandios hingeschriebenes Genrebild in Lebens-
größe von Israels, „Frauen von Zandvoort" betitelt, das
insbesondere auch als Komposition bewunderungswürdig ist;
sodann ein genial gemachtes Bild des im vorigen Jahr in
München preisgekrönten Neuhuis, „Vaters Jüngste", modern
koloristisch gedacht und von reizendem Farbenaccord; eine
große und eine kleinere Landschaft von de Bock, Bilder, die
dem Besten, was die Meister von Fontainebleau geschaffen haben, ebenbürtig sind; desgleichen ein Bild von
Wilhelm Maris, „Melkzeit", von unvergleichlicher Sattheit der Farbe und plastischer Kraft, dabei anscheinend
spielend auf die Leinwand hingeworfen. Ferner zwei treffliche Tierstücke von de Haas (welchem Künstler-
Stuttgart die holländische und belgische Abteilung verdankt), zwei ausgezeichnete Wasserlandschaften von Gabriel,
eine Stadtansicht von Jakob Moris, charakteristische Architekturen von Klinkenberg, Porträts von Th.
Schwartze und Bisschop, Kamelien von Rosenboom u. s. w. — Bei den Belgiern ragt vor allen Franz
Courtens mit seiner auf der Pariser Weltausstellung preisgekrönten großartigen Herbstlandschaft und einer
kraftvollen Marine hervor; es fehlen nicht die farbschimmernden Marinen von Clays und Le Mayeur, Land-
schaften von Schampheeler, Stillleben von Joors, markige Figurenbilder von Bource u. s. w. Wir
müssen, da uns für ein näheres Eingehen auf die einzelnen Bilder der Raum fehlt, dem bloßen Aufzählen
Einhalt thun. Wir haben aber in der That die niederländisch-belgische Kunst auf keiner der großen Ausstellungen
der letzten 10 Jahre unter solch günstigen Bedingungen und in einer qualitativ so glänzenden Zusammenstellung
vertreten gesehen. Es ist, als ob man in eine andre, feuchtglänzende Atmosphäre käme, wenn man in diese
Abteilung eintritt.

Auch über Spanien und Italien müssen wir uns kurz fassen, und können es thun, da auch hier die
hervorragenden neuen Werke zur Übersiedelung, nach München bestimmt sind. Ein großes neues Bild hat

Mus V. Bankiers Skchenlmch
 
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