Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

DOI Artikel:
Seydlitz, Reinhard von: Wo die Sonne scheint, [4]: ziellose Reisebriefe des Malers
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0440

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Pastellmalerei — N)o die Sonne scheint. Don R. v. Seydlitz

34 L

vermag man das Bild zu grundieren, d. h. zu unter-
malen und dann durch Pastell zu vollenden, so daß zu-
letzt alle diese Techniken zu einer harmonisch einander
ergänzenden Wirkung sich verbinden. Zu erwähnen ist,
daß die härteren Pastellstiste am besten ans dem Papp-
deckel in Verwendung treten.

6. Fixieren.

Eine wirklich brauchbare gute Fixage für Pastell
zu finden und herzustellen, ist, so weit uns bekannt, bis
jetzt nicht gelungen. Diese hat in erster Linie die Auf-
gabe, den Farbstoff zu binden. Leider kann dies aber
nicht ohne Einbuße seines speziellen Charakters geschehen,
der gerade in der samtartigen, losen und weichen Er-
scheinung besteht. Auch ist die Empfänglichkeit des Farb-
stoffes bei der Aufnahme der Fixage verschieden, manche
Farben verändern ihren Ton und dadurch die Farb-
erscheinnng des Bildes, z. B. der Ocker, welcher nach
dem Fixieren dunkler wird. Das Fixieren geschieht, wie
bei Kohlenzeichnungen, vermittelst Anblasens des Fixier-
mittels durch ein Glas- oder Metallröhrchen aus der
richtigen Entfernung.

7. Konservierung.

Wie bei dem Flügel des Schmetterlings liegt der
schimmernde, samtartige Farbreiz des Pastells als zarter
Staub auf der Bildfläche. Jede rauhe Berührung bringt
dem Kunstwerk Gefahr, es sind deshalb alle Schöpfungen
dieser Gattung am vergänglichsten. Dieselben müssen
ferner vor jeder Einwirkung der Luft und Feuchtigkeit
wie auch insbesondere durch Verkleben des Rahmens vor
Staub geschützt werden, da die Reinigung eines solchen
Bildes, ohne dasselbe zu ruinieren, nicht möglich ist.
Die Versendung eines Pastells bleibt immer riskant,
auch bei sorgfältigster Verpackung. Daß Pastellbilder
nur unter Glas und Rahmen aufbewahrt und erhalten
werden können, ist nach dem bereits Gesagten selbstver-
ständlich. Dabei ist zu bemerken, daß bei dem Einrah-
mcn darauf gesehen werden muß, daß zwischen Bild und
Glas ein gewisser Abstand gewahrt wird, damit ersteres
nicht Schaden leide. Richtige und sorgfältige Aufbe-
wahrung lohnt das Pastellbild durch eine fast vollstän-
dige Unveränderlichkeit; die Dresdner Sammlung läßt
die ältesten Werke dieser Art in ursprünglicher Frische
heute noch bewundern. Von keiner andern Technik der
Malerei kann man ähnliches behaupten.

Wo die Sonne scheint

Ziellose Reisebriefe eines Malers. Von R. v. Seydlitz

s ist nicht zu glauben, wie weit oft einer reisen muß,
wenn er das sucht, was ihm von Rechts wegen
eigentlich zu Hause reichlich zu teil werden müßte, — die
in manchen deutschen Sommern zur Ammenmär und Urahn-
lcgcnde gewordene — Sonne.

Ich hatte sie glücklich zu erwischen vermeint, als ich
mich für den Winter in dem vielgepriesenen Korfu*) fcst-
setzte. Aber Ende Dezember hatte ich bereits alle Galoschen
und Regenschirme abgenützt, die ich mit halte; der studicn-
malerische Fleiß war unbethäligt geblieben und die letzten
Fetzen Geduld völlig zu Ende. Und so beschloß ich, das
Gestade des „verborgenen" Ägyptos aufzusuchen; denn
da, deß dürft' ich sicher sein, schien die Sonne!

Die Frage, ob über Brindisi oder Korinth und
Athen, war bald entschieden. Ich verschmähte stolz die
schönen großen Lloyddampser und vertraute mich und
mein Glück der „Hellenika Atmoploia" an, um via. Zante,
Korinth und Piräus der Mutter der Weisheit, Athens
Parthenos, einen flüchtigen Besuch abzustatten und von da
nach dem Nillande zu segeln; und so bestieg ich eine
nasse, braune, leere und unreine, nach getrockneten Feigen
süßlich riechende Nußschale, „Hermupolis" genannt, die
ganz darnach aussah, als sei sie schon zu des seligen
Odysseus Zeiten zwischen den tausend Felszacken, aus
denen Griechenland eigentlich besieht, umhergeschleudert
worden.

Und sie schleuderte auch mich! —

Zwar holte ich bald das vergessene Opfer an Neptun
nach — gleich nach dem Diner! — aber was hals's?
Stets wilder und grimmiger tobt der erzürnte Erd-

*) Vgl. 3. Jahrg., Heft 13, 20 und 21.

v>- Kunst für All- VI

erschüttere!', und kaum kann die verzweifelt tanzende Nuß-
schale die kleinen Inseln und Häfen anlaufen, die aus dem
Fahrplan stehen. Wüste hohe Felszacken links und rechts
drohen finster im Dämmerschein der Nacht. Wcißblau
schäumend brüllt dazwischen das flüssige Gebirge einher,
das unser Schifflein wie im entsetzten Galopp unaufhör-
lich auf und ab jagt. Hie und da blinkt ein Leuchtturm
von der Klippe — moderne, tröstende Kastor und Pollux-
Sterne.

So vergeht die Nacht unter Heulen und Zähne-
klappern; und als endlich der ersehnte Tag anbricht, von
dem das zagende Gemüt, weiß Gott warum, Linderung
hofft, vergoldet ein freundlicher blaßgelber Strahl die
flachen Häuser von Argostoli; bald aber, grade als das
Schiff auf offener See ist, bricht das Unwetter von neuem
schwarz und schwer von Westen los. Trüben Blicks er-
kenne ich, daß jener Doppelfelsen Jthaka sein muß, dessen
Silhouette bizarr, grau in grau, durch den Regenschauer
schimmert; und bewundernd gestehe ich, daß ein starkes
Stück Nationalgefühl — vulgo Heimweh — dazn gehört
haben muß, um den göttlichen Dulder nach der arniseligen,
kaum bewohnbaren Klippe zurückzutreiben. Wie der ge-
prügelte Hund immer wieder zu seinem Herrn läuft,
fremde Leckerbissen verschmähend, so auch hängt der Mensch
desto inniger an der heimatlichen Scholle, je häßlicher sie
ist. Und diese Treue gegen die Mutter Erde wird ihni
auch meist so gelohnt, wie — dem Hunde!

So und ähnlich fortschimpfend, gelangte ich auf die
Rhede von Zante, der fruchtberühmtcn, behaglich im Grün
ausgestrcckten Stadt, und schaute unter dem hie und da
erblauenden Himmel friedlich und malerisch aufgebaute
Wälle und Kirchlein —- alle im Duodezformat —, eine

44
 
Annotationen