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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.8036#0014
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Barth hat sehr schöne Lr-
folge in der Velmalerei erzielt
und seine Gemälde „paganini
im Aerker", „Raufende Lands-
knechte", „Torquato Tasso", be-
sonders aber „die lvahl der Aäst-
chen" aus dem „Raufmann von
Venedig" gehören in der glück-
lichen, eigenartigen Auffassung,
der feinen Lmpfindung und ma-
lerischen Durchführung zu dem
Besten, was damals aus der
Pilotyschule hervorging. Auch
einige gute Porträts hat er ge-
liefert.

Aber so ein eigentlicher Vel-
bildmaler ist Barth nicht gewor-
den; das lustige Fabuliren in
zart eolorirten Aquarellen oder
aquarellartig behandelten Vel-
und Temperamalereien und das
lfinstreuen von allerlei zeichner-
ischen Lpigrammen nnd Grna-
menten, das ihm so gar leicht
von der lfand ging, behagte ihm
weit besser.

Lin zweiter Urieg, derjenige
von;870/?l entführte denAünst-
ler abermals dem Atelier. Er kam
auch dießmal heil und gesund zu-
rück. lVesentlichen Linfiuß auf die
künstlerische Produktion Barths
hat seine persönliche Theilnahme
an den großen weltgeschichtlichen
Lreignissen keinen gehabt. Doch
wußte er der emxörten Stimm-
nng, welche damals im deutschen
volke wegen des frivolen Frie-
densbruches der Franzosen vor-
handen war, in drastischer, höchst
ergötzlicher lveise durch ein kleines
Aunstwerk Ausdruck zu geben.
Als Postament sür sein Ariegs-
Dcnkmal nahm er ein lfalbekrügel
und machte dessen Zinndeckel zum
Schlaflager des deutschen Michel.
Auf den lfenkel ließ er den Aaiser
Napoleon III. hocken, mitschlottrig
anliegender Marschallsuniform.
Naxoleon hat. das Leintuch er-
griffen, um es dem deutschen
Michel nnter dem Leibe weg-
zuziehen, dieser aber hat sich
zornig auf die Anie gemacht, und
holt mit seiner derben 6and aus, um dem räuberischen Ruhestörer
heimzuleuchten. — Line weitere Aeußerung xatriotischen Gefühls ist
eine Randzeichnung zu einem Iugendbilde Bismark's. Sie zeigt als
Anspielung kferkules, wie er als Aind die Schlangen erwürgt.

Den indeß gereiften Aünstler machte die Münchener Aunstakadernie
zum Lehrer der Naturklasse, so daß derselbe daran denken konnte, sich
einen eigenen lhausstand zu gründen. Am 29. September ;872 ver-
heirathete er sich mit einer Münchnerin, Amalie Lettenbauer. Aus
dieser Lhe gingen zwei Söhne und eine Tochter hervor.

Nnn beganu sür unsern Aünstler ein sonniges Leben, die werke
seiner kfand waren gesucht, in der Aünstlerschaft war er beliebt und
bei den Schülern xoxulär.

Seine kferkunft aus der kverkstatt erregte in ihm die Lust, an der
Neuxflanzung unseres Aunstgewerbes sich ebenfalls zu betheiligen. Nicht
nur daß er die Zeitschriften des Gewerbe- und des Bayerischen Aunst-
gewerbe-vereins mit zahlreichen Lntwürfen versah, er übernahm auch
Aufträge aller Art. So machte er die Zeichnungen für einen geschnitzten
Schreibtisch, sür eine gestickte Fahne und für einen Münzkrug, sodann
für das Grabmal der Gräfin Spaur in Salzburg. Sein bedeutendstes
auf diesem Gebiet ist wohl der Lntwurf für die Ehrengabe der Aünstler
an L. v. piloty. An der schließlichen Gestaltung dieses vielbewunderten
Tafelaufsatze hatte Barth nebst dem Bildhauer (I. Lckert) den wesent-
lichsten Antheil.

klls durch die Pensionirung !N. Lchter's Vkt. ;878) die Pro-
sessur für Figurenzeichnen und dekoratives Lomponiren an der A. Aunst-
gewerbeschule in kNünchen zu vergebcn war, berief man Barth auf diese
Stelle. Seine ausgesxrochene Individualität, die sich in einer bestimmten
künstlerischen kfandschrift äußerte, wirkte auf seine Schüler und selbst auf
andere Zöglinge der Schule derart ein, daß bei viclen eine Art von
Barth'scher kNanier sich anzusehen begann.

Barth überlieferte sich indeß dem Annstgewerbe nicht völlig; er
dichtete daneben an seinen kNärchen wciter. Als bedeutendere Arbeiten
nennen wir seiuen köstlichen „anklopfendon Amor", „Ritter und Niren",
„Lnftschlösser", „Schwan kleb an". Die Zahl der Federzeichnungen,
der Jllustrationen und verzierungen, die er daneben in dieser Periode
hervorgebracht, ist eine große.

klkit einer Fülle von Anmuth uud geistreichcm kfumor versah er
die Randzeichnungen, welche er zu cinem Bibliothekkatalog ini Auftrag
der Frau Baronin von Lramer-Alett fertigte. Die von F. v. Reber ge-
schriebene Festschrift der klkünchener Jubiläums-Aunstausstellung stattete
er mit einem hübschen Titelblatt nnd interessanten vignettcn aus. Für
Aönig Ludwig II. malte er auf Pergament ein Aquarell, das in einen
Betstuhl eingefügt wurde. Lndlich mögen noch seine Lntwürfe zu dekora-
tiven Freskcn im Treppenhaus des Münchener Rathhauses und am
kfaus Pringsheim, sowie zu dem Glasgemälde im Treppenhause der
A. Aunstgewerbeschule in klkünchen zu erwähnen nicht vergessen werden.

Barth bedurfte zu seiner künstlerischen Produktion des feineren
Lebensgenusses und vielfältiger geistiger Anregung. Sie stand ihm in
vollstem kkkaaße zu Gebot; in einer Reihe von Lirkeln lkkünchens, in
welchen die geistige Lreme der kfauptstadt verkehrte, war der joviale
Aünstler, der nicht versäumt hatte, die ihm früher versagte allgemeine
Bildung sich anzueignen, ein gern gesehener Gast.

Aber er mnthete seiner Natur zu viel zu; ein Leiden ergriff ihn,
dem er sich nicht mehr zu entwinden vermochte, auch nicht dadurch,
daß er mit seiner Familie sich in seine kfeimath zurückzog (;889).
Seine Arankheit beeinträchtigte wohl sein künstlerisches Schaffen, brachte
es aber nicht zum Stillstand. Selbst noch ein größeres schönes lverk
von edlem, ergreifendem Ausdruck, der kfauptxerson namentlich, wußte
er sich abzuringen, den Lntwurf zu einem Glasgemälde: „Der hcil.
Borromäns spendet pestkranken das Abendmahl".

Am 20. August ;892 wurde der Bedauernswerthe von seineu
Leiden dnrch einen kfirnschlag erlöst. P. F. Arell.
 
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