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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.8036#0077
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XI.III. Iadrgang.

'Nünchen, den s5. Gktober k894-

M. 18.

Matt k>e§ Lerßandes deütWek Kunstgeweröe-Zereine.

Bezug der „Zeirschrifc" sammc Der „Bunftgewerdlichcn Rundschau": Durch den
Buchbandel. d>e s)oft oder die Geschäftsstelle M. Schorß verlag, München, Aöniginftr. 55,
Mk. s6 p. n. - die Mitglieder des Bayer. Runftgewerbe-Vereius (Icchresbeitrag ^ Mk.)
erhalten die Zeitschrift sammt Runftgewerbliche Rundschau unentgeltlich. — Die ^Zeit-
schrifc" erscheint jäbrlich in ^2 Monatsbeften; Reklamationen von Mltgliedern wegen
ausgebliebener Nummern können nur dann auf Berücksichtigung Anspruch machen,

wenn dieselben späteftens vierzehn ^tage nach Erschcinen dcr folgenden r-7ummer
auf dem vereinssekretariat angemeldet werden.

HerauSgcdcr: Bayer. Runstgewerbe-Verein, (pfandbausftraße 7). — Redaktion:
Prof. k. Gmelin, (Luisenftraße (8). — Druck: Rnorr 6c hirth; sämmtliche in München.
verlag: M. Schorß, München, Röniginstraße 55.

von D. kroxx jlia.

Nachdruck verbotcn.

it den erstaunlichen Fortschritten des ^chiffbaues in der
vandclsmarinc hat sich auch das Aunstgewerbe zu außer-
ordentlichen Leistungen emporgcschwungen, indem es sich
^ bei der Ausstattung der Lajütsräume in den Dienst der
Schiffabrt gestellt kat. Dicses harmonische Zusammcnwirken zwischen
dem Zngcnieur und Aunsthandwcrker erscheint als cin unschätzbarer
Faktor für die Förderung des Annstgewerbes und würdig, eincr ein-
gehenden Betrachtnng nnterzogen zu werden. Noch vor zwanzig
Zahren war das Ideal einer Lajütsausstattung der großen trans-
atlantischcn Damxfer eine schlichte, von gntcm Ljolze hcrgestellte Be-
kleidung der wände mit einem saubereu, fast nnvergänglichen Lack-
anstrich' wie ihn namentlich die Amerikaner und Lngländer vorzüglich
herzuste'llen verstanden und denselben bekanntlich auch bei «lavier-
gchäusen verwandtcn. Die ost segensreich wirkende «onkurrenz und
das Bestreben, den Passagieren auf den Damxfern die lange und ein-
tönige Seefahrt so angenehm wie inöglich zu geftalten, hat nnn zu einer
Ausstattung der Räüme geführt, die oftmals zn einem Luxus an-
gewachsen ist, wie man ihn nnr in dem ksause des Millionärs an-
zutreffen gewöhnt ist.

Ncben dem großen Vortheil dieses Vorgehens, welchcr dem
Aunstgewerbo durch die direkte Auftragertheilung zu Theil wird, ist
es aber auch namentlich der pädagogische Lrfolg, welcher bei dem
Reisenden erzielt wird und sich dann in dem verlangen äußert, die
eigenen wohnräume in ähnlicher, geschmackvoller N)eise einzurichten.
lVer genöthigt wird, längere Zeit, so sür die transatlantische Fahrt
acht bis zehu Tage und sür die australischc Reise gar sechs Wochen,
in solch angenehmen nnd reich ausgestatteten Räumen zu weilen,
darinncn nur zu wohnen, zu sinnen nnd zu schauen, dem werden sich
die Lindrücke so unauslöschbar einprägen, daß er, wenn er nicht gar
zu pessimistisch ins Lebcn jchaut, auch ein gut Theil mit hinwegnimmt
nnd dann zur crnsten Aritik seiner häuslichen Nmgebung schreitet,
die ihn dann zu Neuerungen treibt, welche stir den entwerfenden
Aünstler und schließlich für den Aunsthandwcrker lohnend sein werden.
Dieser Lrfolg läßt den angewandten Luxus auf den Damxfern in
eiuem hellen Lichte erscheinen und man darf den Unternehmungen,
welche das Aunstgewerbe in dieser weise fördern, sehr dankbar sein.

)n erster Reihe dieser Unternehmungen, ja man darf wohl be-
hauxten auf dem ersten Platze steht unverkennbar der Norddeutsche
Lloyd in dcr kfandelsstadt Bremen. Dieses Weltinstitut hat es zucrst
verstanden, tüchtige Aünstler heranzuziehen, um die Lajütsräume seiner
großen Schnell- und Reichspostdamxfer luxuriös einzurichten und somit
nicht nur mit dem in unseren lvohnhäusern und Villen entwickelten
Reichthum Schritt zu halten, sondern diesen in mancher N)eise noch
zu übertreffen. Mt Recht hat man daher diese Dampfer, insbesondere
die Reichsxostdampfer der subvcntionirten australischen Linieschwimmende
Paläste genannt, so daß wir gerne die Gelegenheit ergreifen, unseren
Lesern einmal in N)ort und Bild die Räume eines Llox>ddamxfers
zu schildern und dürfte diese Führung um so willkommener sein, als
sie uns mit dem neuesteu Damxfer bekannt macht, welcher den Namen
unseres erlauchten Landesfürsten „prinzregent Luitpold" führt. Der
stattliche Dampfer, auf dcr Schichau'schen lverft in Llbing gleichzeitig
mit dem „prinz kfeinrich" erbaut, macht gegenwärtig seine erste Reise
nach Australicn und wird nicht verfehlen auch den Ruhm deutschen Annst-
gewerbefleißes in ferne Lande zu tragon.

Nm ein annäherndes Bild von den gewaltigen Dimensionen
eines solchen schwimmenden Lolosses zu geben, welche zum besseren
verständnisse unserer weiteren Schilderung dienen, mögen nachstehende
technische Lrklärungen hier eingefügt werden.

Die Größe des „prinzregent Luitxold" beträgt ;Z8 m in der
Länge, j5,5 m in der Breite bei einer kjöhe, respektive Seitentiefe
von xo m. Das Ranmmaaß wird mit ea. 6600 Register Tons, die
Tragfähigkeit mit 6000 Tonnen und etwa 6000 cbm. Laderaum an-
gegcben. Zur Fortbewogung dieses Fahrzeuges dienen zwei Lxpansions-
maschinen von je 2500 indicirten Pferdekräften, welche 2 Schrauben zur
Lrzielung einer Fahrgeschwindigkeit von jq Seemeilen in der Stunde
drehcn. Nkit den besten Mtteln der modernen Technik ist für die Sichor-
heit des Schiffes als Passagierdamxfer Sorge getragen. Die ganze Länge
des Dampfers ist mit einein doxpeltcn Boden, welcher in elf wasserdicht
von einander getrennte Abtheilungen eingetheilt ist, versehen. Das
Sinken des Schiffes im Falle einer Lollision, Strandung u. s. w. wird
dadurch verhindert. Außerdem dienen xo große stählerne Rettungsböte
und sechs der originellen Nalbklappböte für die Sicherheit in Seegefahr.

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s8d^. Runstgewerbliche Rundschau Nr. (0.
 
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