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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.8036#0061
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X

XIIII. stadkaana.

MÜnchen, den (5. 2Iuguft 18^4

Nr. 8.

8erkünd>BM6latt des Zeröandes dcütsDer 8unstgewcrkc-8ereink.

u „Zcitschrifc" samme dcr 'lxunstgcwcrblichcn Rrlndschau": Durch den
'l, d>e s)ost oder die Geschstflsstelle M. ^.1 orst verlng, München. Aöniginstr. öö.

2-czug dec „Z

wenn dieselben spätestens vierzcbn Tagc nach Erscheinen dcr folgcndcn ^lummcr
auf dem Oereinssekretariat angemeldet werden.

«ZerauSgcbcr: Baser. RunstgewerbeMerein, (pi'andbausstraße 7). — Redakridn:
Prof. L.'Gmelin, Luisenstrafte i(8) - Druck Rnorr ^ tzirth; säinmtliche in München
Dcrlag. m. 5chorß, München, Röniginstraße 55.

Dll M-Wkß m dkkskativk« Mmistc i» Mriris.

NachLruck vcrboteir.

chitektur wieder ihre lherrschast über die andern Theile der Itunst ver-

s8*^)n den Tagen vain ;8. bis 2ö. Utai dieses Iabrcs bat in Paris
ein Acmgreß von Vertretern der dekorativen Rünste statt-
gcsunden, der sich in drei Sektionen thcilte, dercn crste, mit
dem Oorsitzendcn L arroum ct, beauftragt war, INittel und
wege zu stndieren, wolche zu einer ksebung der dckorativen Aünste in
Frankreich sühren; deren zweite, mit dem Präsidenten Barbonx, mit
dem Studium der aus das Aunstgewerbe bezüglichen Gesetze betraut
war; und deren dritte unter dem Vorsitz des stellvertretenden Rektors
dcr Akademie die Frage des künstlerischen Unterrichtes sür die Aunst-
handwerker zum Gegenstand seiner Berathungon gemacht hatte.

Das Lrgebniß der Beratbungcn ist folgendes:

In der ersten Sektion berichtete Larrou m e t über den Linfluß
der Nachahmung in der Aunstindnstric. Der Aongreß einigtc sich in
dieser Beziehung zu den Beschlüssen, einmal, daß die Gesellschaften,
welche sich der Förderung der dxkorativcn Aünste widmen, hauptsächlich
im Sinne einer originalen Lrfindung auf ihre Areise einwirken, und
die Nachahmung und das Plagiat nach Aköglichkcit zu unterdrücken
suchen sollen. Das ist ein Beschluß, der auf den ersten Blick völlig in
der Lnst zu hängcn scheint. Denn schon seit Alters sind die lchrcnden
Faktoren darauf bedacht, die ibrem Linfluß unterstellten Individuen
in diesem Sinne zu erziehen. Der Beschluß ist nicht der Ausfluß einer
künstlerischen Frage, sondcrn der einer reincn Lrziehungsfrage. Man
darf aber nicht übersehen, daß cs die kunstgewerblichen Vereine und
Gesellschaften find, an die sich der Aongreß wendet. And deren Lin-
sluß in erzieherischer Richtung dars in der That als cin außerordent-
licher geschätzt werden. Der Unterschied in der moralischen Disziplin,
wenn wir uns so ausdrückcn dürfen, zwischen den Aunsthandwerkern,
wclche sich einer Fachvereinigung angeschlossen habcn, nnd zwischen
denen, welche, sagen wir einmal im Gegensatz hierzu, wild ihrem Be-
rufe nachgehen, ist doch ein zu augenscheinlicher, als daß die erzieher-
ische Ndirkung dieser Vereinigungen übersehen werdcn könnte. Wohnt
das crzieherische Moment einer solchen Vereinigung schon an und sür
sich innc, so darf von cincr ausgesxrochenen Linsiußnahme in dieser
Bezichung gewiß auch eine weitere Wirkung erwartet werden. Freilich
allzu sanguinischen ksosfnungen darf man sich in dieser Lrwartung nicht
hingebcn, denn die besten Grund- und Vorsätze zerschellen oft an dem
Umfang eines in Ausficht stehenden Geschästes.

Lin anderer Beschluß sordert, der Unterricht in den Aunstgewerbe-
schulen solle nach einem Programm gegeben werden, welches der Ar-

lciht und zwischen ihnen jene Linkcit und Ziisaminenwirkung herstellt,
welche die lsanptgrundlagc aller künstlerischen Lrfindung i;t. Das
architektonische Llement im Aunstgewerbe ist dort, wo dasselbe vor-
wiegend aus Areisen hervorgegangen ist, welche nicht Architekten sind,
oder an Aunstgewerbeschulen, an deren 5pitze Maler stehen, häufig
in den ksintergrnnd gedrängt wordcn. Die Folge ist jene rückenmark-
lose Aunst, die uns in nicht allznseltenen Fällen begegnet. Ls wäre
aber thöricht, den Linfluß der Maler und Bildhauer ganz auszuschließen:
das will auch der Beschluß nicht. Ls soll eine Gemeinschaftlichkcit
zwischen den einzelnen Zweigen der bildenden Aunst bestehen. lVer
wüßte nicht zu schätzen, welch' wunderbares Leben aus einem Aunst-
werke hervorquillt, das unter der Zusammenwirkung von Architektur,
Malerei und Bildhauerei entstanden ist.

Der drittc der nntcr Larroumct gefaßten Lcschlüsse beschäftigt
sich mit den Aiinstsammlungcn. Die ösfentlichen und die aus privatein
Zlntriebe hervorgegangenen Aunstsammlnngen sollten nur ttzxische Mcrke
znlassen, welche cinen Uunst- und cinen Lehrwerth besitzcn. Allc reincn
Mcrkwürdigkcitsstücke sind auszuschließcn; den gesammeltcn Gegen-
ständen, ist einc sachgemäße Gruppirung nach wissenschaftlichen und
technischen Gesichtspunkten zu geben. Dieser Beschlnß kann sür die
meistcn Länder in treffender weise aus die sogenannten Provinzial-
Museen bczogen werden, bei welchen noch in den überwiegenden Fällen
die Laune und der Dilcttantismiis die Sammlungen beeinfiußen.

Mit dcm künstlerischcn klnterricht besassen sich Oorschläge, die von
L. Falize, dem vorzüglichcn sranzösischcn Aunstindustriellen, ausgehen.
Lr sordert, daß nach dem Studium der klassischen alten Aunst und nach
einem vergleichendem Ltudium der sremden 5tilarten, der Ilnterricht
wieder zu den vollkommensten Ttzpen der nationalen Aunst zurückleiten
solle, um die Traditionen des guten sranzösischen Geschmackes zu er-
neuern. Lr meint, daß ein solches Studium für jeden Grad der künst-
lcrischen Ansbildung sich eigne nnd verlangt es demzufolge nicht nur
für die einsachen Zeichenschulen, sondern er wünscht es auch in den
Ateliers verbreitet zu sehen, wünscht, daß sich die Lhefs der industriellen
kiäuser damit befassen, damit das Publikum dnrch sie zu einer besseren
Geschmacksbildung erzogen werde. Sein auf dem Aongreß gestellter
Antrag sorderte, man solle Aurse cinrichten, in denen in solgerichtiger
nnd methodischer weise die xraktischen Grundzüge der Lomposition
nach dekorativen Gesichtspnnktcn gelehrt und ihre Anwendung auf die

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Run'tgewerbliche Rundschau Nr. 8.
 
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