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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.8036#0069
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4- 69 ^

X

XI.III. Iabrgang. München, den 1^5. September 1894-

Nr. 9.

LeMMgüMölatt des Lerßandes deütsDek Kmstgeweröe^ereine.

Bczuz dcr „Zcirschcifc" fammr dcc „Bunstgcwcrblichcn Rundfchau"i Durch den
Buchhandel, d,e post oder die Geschäftsstelle m. Schorß verlag, München, Aöniginstr. 55,
Mk. fS x. -I.t die Mitgli-der des Bayer. Aunstgewerbe-Vereins (Zahresbeitrag f-f Mk.)
erhalten die Zsitschrift sanimt Aunstgewerbliche Rundschau unentgeltlich. — Me ,Zcit-
schcift" erscheint jährlich in j^. Monatsheften ; Aeklamationen von mitgliedern wegen
ausgebliebener Nummern können nur dann au^ Berücksichtigung Anspruch machen,

wenn dieselben sxätestens vicczekn Tagc Iiach Ecfchciucn dcr folgcndeii tstlummcr
auf dem vereinssekretariat angemeldet werden.

HerauSgcdcc- Bayer. Aunstgewerbe-Verein, (pfandhausstraße 7). — Acdakridii t
prof. e. Gmelin, (Luisenstraße (8). — Druck- Anorr ch tzirth; sämmtliche in München.
vcrlagt m. Schorß, München, Aöniginstraße 55.

und nene

Nachdruck verboteu.

Oan vr. Friedr. Back.

I.

k ^^)m vcrglcich zu dcin llcbcrmaß, in welchem unserc Zeit auf
allcn Gcbictcn dckoratwcr Aunst sich die Zicrformcn frühcrer
Iahrhundcrte ancignet, ist das s)nteresse sür die srühere
Technik vielfach noch recht gering. Und doch bedeutet für
die Technik, die sich meist nur in mündlichcr Uoberlieferung sortpflanzt,
der verfall oder dic llntcrbrechung eincr gutcn Tradition einen vicl
härteren verlust, als er in formaler lhinsicht, wo auch in die ver-
wildertste Folgezeit die älteren, guten vorbilder hineinragen, überhaupt
möglich ist: so daß es, wenn irgendwo, gerade hier nöthig erscheint,
von der vergangenheit zu lernen.

Jn der Stuckdekoration, zu deren Geschichte ich, einer freundlichen
Aufforderung des ^erausgebers dieser Zeitschrift folgend, einen Beitrag
gebe, hat in unserm (^ahrhundert das besonders durch Erfindung der
Leimform unterstützte versahren, die Mrnamente und Figuren vorher
durch Guß fertig zu stellen und dann, so gut es geht, an Grt und
Stelle zu bcfestigcu, dcn wcitesten Umfang angenommcn, nieist zum
Schaden der !faltbarkcit, die noch dazu oft durch verwcndung schlechten
Materiales in Frage gestellt wird, und zum Schaden des künstlerischen
Lindruckes. Aber bereits seit einiger Ieit haben einzelne Meister die
Fühlung mit dcn besten Schöpfungen des letztcn Iahrhunderts und der
Rcnaissaucc wicdcr aufgenommen: bereits zu Anfang der 70 er Iahre
ließ Schönthaler deutsche lsolzschnitzer aus Paris kommen, um größere
Dekorationen in dcr freien lllodellirtcchnik der älteren Zeit auszuführen
— ich verdankc diese wie auch manche andere sachverständige Mittheilung
meinem Freunde, dem Bildhauer Richard Grüttner —, dann begann
Gtto Lessing in Berlin, wie z. B. jetzt im neuen Reichstagsgebäude,
in demselben Sinue arbciten zu lassen, und in lllünchen, wo noch die
Stuckdekorationeii sür die Schlösscr lscrrenchicmsce und Linderhof fast
durchweg mittels jenes Gußverfahrens hergestellt wurden, hat Georg
Biehl seit geraumer Zeit die ältere Technik angewandt, in Lngland
endlich hat lvaltcr Trane, besonders an Antike nnd Rcnaissance an-
knüpfcnd, für flaches Stnckrclief ein verfahren ausgebildet, über das
dcr zweite Theil dieses Aufsatzes berichten wird. Zunächst versuche
ich auf Grund der crhaltenen lltoimmcnte und der litterarischen lleber-
lieferung die Tcchnik der Antikc, der Renaissauce und der beiden lctzten
Iahrhunderte iu Rürze darzustellen.

Die Stuckplastik bildete in der griechisch-römischen Aunst bckannt-
lich eineu wesentlichen Bestandtheil der Innendckoration, bald in der
einfachsten Form des durchlaufenden Vrnamentes (Zahnschnitt, Lier-
stab, pcrlstab u. s. w,) Flächcn bcgrcnzcnd oder nmrahmend, bald als
einzelncs Relief oder lllcdaillon die lvandmalerci plastisch verstärkend,
bald als selbständige Zierart in den Formen der Grotteske sich über
die oberen Theile der lvandflächen und die ganze Decke ausbreitend.

Vorzügliche Proben davon sind uns erhalten in einzelnen Bauten
pomxeji's (Lasa äel bauno, größere und kleinere Thermen u. s. w.),
in Grabgcwölben der llmgebung Roms und vor allem in der (878
ausgedeckten villa Farnesina, dcrcn Dckorationcn ciuc trefflichc pub-
likation von Iulius Lessing und INau weiteren Arcisen zugänglich ge-
macht hat (lvand- und Deckenschmuck eines römischen ksauses aus der
Zeit des Augustus; Berlin (8A().

Der bcstechende Reiz dicser Aompositionen hat zunächst allge-
meinere Ursachen: das feine Formgefühl der Antike, das in den köstlich
gcschwungcnen Ranken der Grabwand (siehe Abb. S. 70) nicht wcniger

Lhimäre.

Zeitschrift des bayer. Aunstgewerbe-Vereins München. I6t)-t. Aunstgewerbliche Rundschau Nr. tz.
 
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